Junta will Macht konsolidieren
Von Thomas Berger
Vor den für Ende Dezember geplanten Wahlen in Myanmar, an denen nur regimetreue Parteien teilnehmen dürfen, gestand die Militärregierung am Montag ein, dass in Dutzenden Wahlkreisen keine Abstimmung möglich sein werde. Betroffen sind nach der Verlautbarung 56 Sitze des Unterhauses, wo 315 von 440 Mandaten per Wahl vergeben werden, sowie neun Wahlkreise, in denen die Abstimmung zur zweiten Kammer ausgesetzt ist. Der UN-Sonderberichterstatter zur Menschenrechtslage in Myanmar, Tom Andrews, hatte der Militärregierung schon im Juni vorgeworfen, sie wolle die »Illusion einer Wahl« schaffen. Echte Wahlen seien unmöglich, solange keine Presse- und Meinungsfreiheit bestehe, man »seine Gegner inhaftiert, foltert und hinrichtet«.
Die Militärregierung unter General Min Aung Hlaing ist derweil im Begriff, ihren Einfluss vor den Scheinwahlen auszuweiten. So geht die Armee weiter gegen die vielen bewaffneten Gruppen im Land vor. Am vergangenen Freitag wurden bei einem besonders schweren Luftangriff im Westen des Landes laut Medienberichten mindestens 19 Schüler getötet. Getroffen wurden zwei Privatschulen in einem Dorf im Teilstaat Rakhine. Ein Kampfjet habe zwei Bomben gezielt über den Schulen ausgeklinkt, zitierte die Nachrichtenagentur AP am Freitag einen Sprecher der Arakan Army (AA). Nach Angaben der Organisation fielen vorwiegend ältere Schüler von 17 bis 18 Jahren dem jüngsten Luftschlag zum Opfer. Zudem soll es mindestens 20 Verletzte gegeben haben. Veröffentlichte Bilder zeigen Trauernde sowie Tote in Leichensäcken. Viele Informationen, auch andernorts aus dem bürgerkriegsversehrten Land mit 3,6 Millionen Binnenflüchtlingen, sind unabhängig nicht überprüfbar.
Die Arakan Army gilt als stärkste der bewaffneten Organisationen der ethnischen Minderheiten, die seit dem Putsch vom 1. Februar 2021 verstärkt gegen die Junta kämpfen. Derzeit kontrolliert sie 14 von 17 Gemeinden in Rakhine und einigen Nachbargebieten. Kürzlich hatte sie verkündet, in ihrem Stammland auch letzte Bastionen, die noch von regierungstreuen Truppen gehalten werden, einnehmen zu wollen – insbesondere die Regionalhauptstadt Sittwe. Im November 2023 hatte die AA eine großangelegte Offensive gegen Einheiten der Regierung begonnen.
Seit Wochen ist die Armee, die derzeit nur noch etwa ein Fünftel des Territoriums, vor allem im Zentrum mit der größten Metropole Yangon und der Hauptstadt Naypyidaw, kontrolliert, in die Offensive gegangen. Teilweise gelang es ihr, Geländegewinn der verschiedenen bewaffneten Gruppierungen rückgängig zu machen – zuletzt bei einer strategisch wichtigen Bergstellung unweit eines Abschnitts des Asian Highway und der Stadt Myawaddy direkt an der Grenze zu Thailand. Diese Position war Mitte 2023 von vereinten Truppen des bewaffneten Arms der Karen National Union und der People’s Defence Forces, den Streitkräften der oppositionellen Untergrundregierung National Unity Government, eingenommen worden. In Myawaddy, so das Newsportal The Irrawaddy, habe die Junta begonnen, den Einfluss verbündeter lokaler Milizen zurückzudrängen und selbst die Kontrolle zu übernehmen.
Einige der Widerstandsgruppen haben derweil erneut die ASEAN kritisiert. Der südostasiatische Regionalblock aus zehn Mitgliedern hat ranghohe Juntavertreter zwar von zivilen Konferenzen ausgeschlossen. Dafür nahmen in der Vorwoche jedoch Myanmars Luftwaffenchef Htun Aung, der mit Sanktionen belegt ist, und Generalleutnant Than Htike in Vertretung von Armeechef Min Aung Hlaing an den militärischen ASEAN-Führungstreffen in Malaysia teil.
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