Cooles China
Von Arnold Schölzel
Am 24. Juli findet in Beijing ein China-EU-Gipfel statt. Anlass ist der 50. Jahrestag der Aufnahme politischer Beziehungen. Das Treffen sollte ursprünglich zwei Tage dauern, es wurde auf einen Tag reduziert. Das spiegelt offenbar den schlechten Zustand des beiderseitigen Verhältnisses. Insbesondere EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fiel zuletzt mit aggressiver Sprache gegenüber China auf. Am Mittwoch berichten der Brüsseler FAZ-Korrespondent Thomas Gutschker und der in Beijing arbeitende Jochen Stahnke auf faz.net eine Episode vom jüngsten G7-Gipfel: »In einer Sitzung legte Ursula von der Leyen einen Dauermagneten auf den Tisch, hergestellt aus seltenen Erden. Der kam aus dem Westen, doch sie verband das mit einer Warnung: China dominiere diesen Markt, und es setze seine Übermacht als ›Waffe‹ ein, um Wettbewerber zu schwächen. Einerseits habe es Exportbeschränkungen für kritische Rohstoffe verhängt, die man im Westen braucht. Andererseits überschwemme es globale Märkte mit seinen subventionierten Waren, wetterte die Kommissionspräsidentin. Ein ›Muster von Dominanz, Abhängigkeit und Erpressung‹, hielt sie dem Land vor.« Und weiter: »Das war an den Mann gerichtet, der ihr schräg gegenüber saß: US-Präsident Donald Trump. Lass uns zusammenarbeiten, sollte das heißen, statt uns in einen Zollkrieg gegeneinander zu begeben. Wir haben einen gemeinsamen Gegner: China.«
Beijing seinerseits betrachtet nach Meinung der FAZ-Autoren die EU »durch die Brille des sino-amerikanischen Systemkonflikts«. Sie resümieren: »Manchen in Beijing gilt die EU hier sogar schon als ›Kollateralschaden‹ dieses Machtkampfs.«
Die FAZ hebt das Fast-Monopol Chinas auf wichtige Mineralien hervor. Laut Spiegel geht es aber ums Ganze. Am Donnerstag heißt es in der digitalen Ausgabe unter der Schlagzeile »Make China Great Again«: »Die Volksrepublik schließt viel schneller zur Weltspitze auf als gedacht, bei einigen Zukunftstechnologien liegt sie bereits vor den USA und Europa. Verliert der Westen den Systemkampf?« Die Antwort der Autoren lautet: Sieht so aus. Sie schreiben: »Zwar liegen Chinas Bruttoinlandsprodukt oder seine Militärausgaben deutlich unter denen der USA. Trotzdem scheint die amerikanische Ära zu enden. Ein neues Zeitalter, in dem sich zwei weitgehend ebenbürtige Akteure gegenüberstehen, hat begonnen.«
Eine neue Nachricht ist das nicht, in Hamburg wurde allerhand verschlafen. Das unterscheidet den Spiegel nicht von der EU-Kommission unter der inkompetenten von der Leyen oder von der deutschen Außenpolitik mit ihrer im Juli 2023 verkündeten »China-Strategie« der noch unfähigeren Annalena Baerbock. Nun meint der Spiegel: »Noch hat die EU den Versuch nicht aufgegeben, sich aus eigener Kraft zwischen den Machtblöcken zu behaupten.« Zählt aber den Brüsselern auf, warum sie das vergessen können: Viele Länder, siehe BRICS, lehnten sich an die Volksrepublik an. Beijing gewähre gerade 53 Staaten Afrikas Zollfreiheit, während Trump Ländern dort mit Zollsätzen von 50 Prozent drohe. China übe inzwischen einen kulturellen Sog aus, so habe der britische Economist kürzlich berichtet, »wie China cool wurde«. Der Spiegel: »Mit der Qualität steigt auch das Image chinesischer Waren.« Das betreffe u. a. Automarken, Hobbydrohnen, Videospiele, die weltweit beliebteste App TikTok oder Tourismus – visafreie Einreise für 43 Länder. Laut einer Umfrage von »Morning Consult« in 41 Staaten übertreffe Chinas Ansehen seit März erstmals das der USA.
Kunststück. Wer Trump, von der Leyen oder Merz als Führungskräfte hat, muss sich um Niedergang und Ruin nicht mehr sorgen. Dämmert selbst dem Spiegel.
Wer Trump, von der Leyen oder Merz als Führungskräfte hat, muss sich um Niedergang und Ruin nicht mehr sorgen. Dämmert selbst dem Spiegel
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