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Aus: Ausgabe vom 19.07.2025, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Der Charakter des drohenden Krieges

Vom 25. Juli 1935 bis zum 20. August 1935 tagte in Moskau der VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale. Auszug aus dem Referat von Ercoli (Palmiro Togliatti) über »Die Vorbereitung des imperialistischen Krieges und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale«
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Palmiro Togliatti auf einer Konferenz kommunistischer Frauen in Rom (1950er Jahre)

Die Probleme des Krieges und des Kampfes gegen den Krieg haben immer im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Kommunistischen Internationale, im Mittelpunkt der Arbeit unserer Parteien gestanden. »Gedenkt des imperialistischen Krieges!« – hieß es in dem ersten Aufruf, den unsere Internationale an die Werktätigen der ganzen Welt richtete. Dieser Appell zum Kampf gegen den Krieg wurde dann auf unserem V. Weltkongress nachdrücklichst wiederholt und mit besonderer Wucht im Jahre 1927 und in den darauffolgenden Jahren erneuert, als alle objektiven Bedingungen für den Ausbruch eines neuen imperialistischen Weltkrieges herangereift waren, als die kapitalistische Welt in diesen Krieg hineinzuschlittern begann. (…)

Genosse Lenin hat uns zu wiederholten Malen gewarnt und unsere Aufmerksamkeit sowie die Aufmerksamkeit aller Arbeiter mit Nachdruck auf die Schwierigkeiten des Kampfes gegen den Krieg gelenkt. Es gibt keinen Krieg schlechthin, sondern es gibt konkrete Kriege, deren Charakter durch die gegebene historische Periode, durch das gegenseitige Verhältnis der Klassenkräfte in der ganzen Welt und insbesondere in den kriegführenden Ländern bestimmt wird. Deshalb glaube ich, dass die Aufgabe unseres Kongresses bei der Erörterung der Probleme des Krieges und des Kampfes gegen den Krieg nicht darin besteht, zu wiederholen, was auf dem VI. Weltkongress bereits gesagt und getan wurde, sondern darin, alle neuen Elemente sorgfältig zu untersuchen und zu analysieren, die heute in der internationalen Situation – sowohl in den Beziehungen zwischen den Klassen als auch in den Beziehungen zwischen den Staaten – entstanden und auf die Bestimmung des Charakters des uns drohenden Krieges von Einfluss sind. (…)

Eine Stabilität in den gegenseitigen Beziehungen der kapitalistischen Großmächte hat es niemals gegeben und kann es nicht geben. Dies findet seine Erklärung in dem Gesetz der Ungleichmäßigkeit der kapitalistischen Entwicklung. (…) Die Periode der Weltwirtschaftskrise und der Depression besonderer Art ist ein besonderes Beispiel der ungleichmäßigen Entwicklung und zeigt uns die Folgen, die sich aus dieser Ungleichmäßigkeit der Entwicklung des Kapitalismus auf allen Gebieten ergeben. Die aus dem Weltkrieg als Sieger hervorgegangenen führenden imperialistischen Mächte hatten sich gerühmt, durch die Verträge von Versailles und Washington auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen eine Stabilität von langer Dauer, eine unverrückbare Ordnung sowohl im europäischen als auch im Weltmaßstab geschaffen zu haben. Nichts dergleichen ist eingetroffen. (…)

Innerhalb jedes Landes sind die Folgen der Krise und die Methoden, deren sich die herrschenden Klassen bedienen, um einen Ausweg aus der Krise zu finden und die Kosten der Krise auf die Schultern der Werktätigen abzuwälzen, so schwerwiegend, dass sie eine weitere Verschärfung der Angriffslust der imperialistischen Bourgeoisie und eine immer größere Spannung in den internationalen Beziehungen hervorrufen. Das enorme Anwachsen der Arbeitslosigkeit, die Lohnkürzung, die Verarmung der werktätigen Bauernschaft, die Senkung der Lebenshaltung aller Werktätigen, die außerordentlich starke Schrumpfung des inneren Marktes in jedem Lande – alles das drängt zu einem verstärkten Kampf um den auswärtigen Markt, verschärft aufs äußerste die Konkurrenz auf den Weltmärkten. Die fortschreitende Konzentration des Kapitals (die ebenfalls in allen Ländern durch die Krise beschleunigt wird) und die Monopole tragen ihrerseits dazu bei, die imperialistische Aggressivität der Bourgeoisie zu steigern. In jedem Lande orientieren sich die reaktionärsten Elemente der Bourgeoisie auf den Krieg. Der Krieg wird von diesen Elementen als das beste und in bestimmten Momenten auch als das einzige Mittel zur Überwindung der durch die Krise entstandenen Schwierigkeiten betrachtet. (…)

Das Ende des Systems von Versailles und Washington (…) bedeutet den Übergang zur Gewaltanwendung zwecks Regelung aller akuten Fragen, sämtlicher in allen Teilen der Welt vorhandenen Konflikte, bedeutet den Übergang zu einem schwindelerregenden Rüstungsfieber. Ein neuer imperialistischer Krieg um die Neuaufteilung der Welt ist nicht nur unausbleiblich, wird nicht nur in allen Einzelheiten von jeder imperialistischen Macht vorbereitet, sondern kann von einem Tag auf den anderen entbrennen und uns plötzlich überfallen.

Genossen, die kapitalistische Welt eilt ungestüm einem neuen Kriege entgegen. Wir stellen uns die Aufgabe aufzuzeigen, von welcher Seite her heute die Kriegsgefahr konkret droht, wer im gegenwärtigen Augenblick die Kriegstreiber sind, was für einen Krieg sie entfesseln wollen und bereits vorbereiten.

Ercoli (Togliatti): Die Vorbereitung des imperialistischen Krieges und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale. Referat auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (1935).

Hier zitiert nach: Wilhelm Pieck/Georgi Dimitroff/Palmiro Togliatti: Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunisten im Kampf für die Volksfront gegen Krieg und Faschismus. Dietz-Verlag, Berlin 1957, Seiten 179–190

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