Utopenci
Von Maxi WunderDie Levante blutet. Seit dem Irak-Krieg klaffen ihre Wunden, und es hört nicht auf. Die Levante – die Aufgehende, die sich Erhebende. Das Wort stammt aus dem Lateinischen und bezeichnet das Gebiet, in dem aus römischer Sicht die Sonne aufging, darunter viele biblische Stätten: heute zerstört, vermint, verseucht. Diese Region des »fruchtbaren Halbmonds«, in der es im Winter regnet, ist die Wiege der westlichen Zivilisation, hier begannen Ackerbau und Viehzucht, hier entstanden Großstädte und Warenhandel. Sie erstreckt sich vom Persischen Golf im Süden des heutigen Irak über die Kulturlandschaften Mesopotamiens, den Norden von Syrien bis in die heutigen Staaten Libanon, Israel, Palästina, Jordanien und den Norden Ägyptens. Unser »Abendland« wäre nichts ohne dieses Morgenland, aber auf viele Gebiete wird eingedroschen wie besessen. Der Grund hierfür ist auch seit biblischer Zeit bekannt: »Denn die Geldgier ist eine Wurzel alles Bösen.« Paulus prägte diesen Satz. Er wusste noch nichts vom Erdöl, von der menschlichen Maßlosigkeit indes genug: »Denn die, welche reich werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstricke und viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen in Untergang und Verderben stürzen.« (1. Timotheus 6, 9 ff). Ende der Predigt.
Komischerweise sind 2.000 Jahre später viele noch genauso doof. Insbesondere bei uns scheint man das radikaldystopische Buch »1984« irrtümlich für die heilige Schrift zu halten, so zielgenau wird an seiner Umsetzung gearbeitet. Dabei ist das Werk – bei allem Respekt für Georges Orwells schriftstellerische Fähigkeiten – in einer Hinsicht mittelmäßig: Es ist undialektisch. Denn: »Das Leben ist niemals nur scheiße.« Diese erhabene Wahrheit stammt von keinem anderen als Udo und wird sicher noch in Äonen Bestand haben. Worin genau aber das Angenehme einer weltweiten digitalen Militärdiktatur bestehen soll, die Pentagon und Palantir im Begriff sind, uns einzurühren, ist ihm noch nicht ganz klar. »Vielleicht in der Vorfreude auf ihren Untergang?«, überlegt er und serviert
Utopenci (»Die Ersoffene«) – ein tschechisches Wurstgericht
Für die Lake einen halben Liter Wasser und einen drittel Liter Essig mit fünf Lorbeerblättern, 15 Pimentkörnern, 15 Pfefferkörnern, vier milden Chilischoten und einer Prise Zucker ca. eine Minute aufkochen. Dann ein Kilo Wurst – Krakauer, Brühpolnische, Frankfurter oder Bock – pellen und in daumendicke Räder schneiden. Vier Zwiebeln schälen und in feine Ringe schneiden. Wurst und Zwiebeln abwechselnd in ein großes, gewissenhaft gereinigtes Glas schichten und mit dem inzwischen abgekühlten Gewürzsud aufgießen. Das Gefäß gut verschließen und eine Woche im Kühlschrank ziehen lassen. Die Mischung mit etwas Lake auf Tellern servieren. Dazu dunkles Brot oder Salz-Kümmel-Semmeln mit Butter reichen und ein kaltes tschechisches Bier.
»Auch das vierte Reich, das uns Berlin und Brüssel bescheren wollen, wird zerschlagen werden«, meint Udo. »Der Orient wird sich versöhnen, Eurasien freundschaftlich vereint. Ich weiß noch nicht wann und wie, aber das ist meine Udopie!«
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