Leserbrief zum Artikel Die Linke: Politik der Vereinfachung
vom 08.04.2019:
Wir brauchen alle!
Auch die junge Welt beteiligt sich also (weiter) am Wagenknecht-Bashing. Das ist zu bedauern. Dass Mellentin dabei dieselben oder ähnliche Argumente benutzt wie »FDS« und Katja Kipping, von den neoliberalen Parteien und Kräften ganz abgesehen, ist zwar kein Argument. Nachdenklich machen sollte es aber schon. Dafür greift die AfD einige Punkte auf – und schon kann man Sahra der »AfD-Nähe« bezichtigen. Das ist ziemlich fies. Und unsachlich ohnehin.
Ich bezweifle, dass der Autor genügend Ossis kennt, um beurteilen zu können, ob sie ganz oder teilweise Rassisten sind oder zumindest mitunter rassistisch denken und handeln. Wir haben jedenfalls ausgesprochene Protestwähler der AfD kennengelernt (im Raum Berlin). Nicht erwähnt werden die Wahlerfolge der AfD in den ostdeutschen Grenzgebieten zu Polen und Tschechien. Dort sind die Erfahrungen und damit Einstellungen der Bevölkerung an der offenen Grenze jedenfalls nicht gegen braunhäutige, braunäugige oder kraushaarige Menschen gerichtet, auch nicht gegen Andersgläubige, solange sie »die Kirche im Dorf lassen«, bzw. gegen andere Kulturen, sondern ganz simpel gegen deutsch-polnische Kriminalität, die sich die Grenze zunutze macht und derer die Polzei wohl nicht Herr wird. Rassisten? Mal von der Unhaltbarkeit des Begriffes »Rasse« abgesehen – worum ging es denn in Chemnitz? Um den deutschen Anteil oder um den kubanischen Anteil an dem erstochenen Deutsch-Kubaner? Wegen oder trotz dessen »Mischlingscharakters«?
Nicht erwähnt werden die AfD-Wahlerfolge am östlichen Rand Berlins, wo viele Russland- und Kasachstan-Deutsche leben. Früher waren das großenteils Stammwähler der CDU, nun sind sie enttäuscht, weil Frau Merkel nicht mehr sie, sondern die syrischen Flüchtlinge liebt ...
Rassisten?
Das führt alles nicht weiter.
Skurril ist, dass Mellenthin Sahra W. Unordentlichkeit und Inkonsequenz vorwirft. Wo sind denn seine eigenen exakten Analysen? Die beiden angeführten »Fälle« (Mohammed Daleel und Anis Amri) haben m. E. eindeutig folgende Züge gemein: Es geht um entwurzelte, perspektivlose, von Abschiebung bedrohte und daher dem psychischen Zusammenbruch nahe, suizidgefährdete, aus der arabischen Welt kommende, sunnitische männliche Jugendliche (welche Rolle Söhne im Gegensatz zu ihren Schwestern in arabischen Familien spielen, welche großen und eventuell grotesk überhöhten Erwartungen aber auch von der Großfamilie an sie gestellt werden, weiß man hierzulande kaum), die aus ihrem selbst empfundenen Versagen und der Kleinkriminalität, in die sie »systematisch« getrieben werden, um zu überleben, außer dem Suizid vor allem den »Ausweg« sehen, mit einem spektakulären Attentat auf sich aufmerksam zu machen – aber auch auf das Elend der Muslime in der arabischen Welt. Sind sie keine »Rassisten«, wenn sie möglichst viele der am Elend in der Welt des Islam desinteressierte Christen töten wollen?
Beide waren übrigens zwischen 18 und 20 Monate in Deutschland und sollten es wieder verlassen, als sie die Attentate unternahmen. Die 2015 ungeordnet eingewanderten syrischen Muslime, Christen, Jesiden und Atheisten sind bereits länger hier. Um sie kümmert sich die Bundesrepublik aber mehr, auch um dem syrischen Assad-Regime durch Brain-drain-Förderung zu schaden. Vielleicht gibt es deshalb weniger spektakuläre Vorfälle mit »fanatischen Islamisten«, in Wirklichkeit aber perspektivlosen und verzweifelten Jugendlichen unter ihnen.
Aber das hat nun den »Sozialneid« oder Ähnliches der Bevölkerung Deutschlands hervorgerufen, übrigens einschließlich der »Menschen mit Migrationshintergrund« mit deutschem Pass. Der Bevölkerung – um nicht vom »deutschen Volk« zu sprechen, das es zwar laut Grundgesetz geben soll, dessen Erwähnung aber bei Linken sofort als »rechts« denunziert wird.
Synonym dafür ist m. E. das von Mellenthin kritisierte »wir« bei Sahra W., das allerdings nicht nur die werktätige Klasse bzw. die 90 Prozent meint, die hierzulande »sozial unten« sind, sondern das »Staatsvolk« – von dem letzten Obdach- oder Arbeitslosen bis zu Friede Springer, Liz Mohn oder Susanne Klatten-Quandt. (Natürlich sind Letztere nicht von der »gefühlten«, weil auch von »Bild und der Glotze« - um mit Gerhard Schröder zu sprechen - hochgepuschten Unsicherheit gleichermaßen betroffen. Obwohl sich doch Diebstahl, Raub und Lösegelderpressung bei ihnen besonders lohnen sollten. Aber die haben ihre eigenen Privatsicherheitskräfte.) Das mag man kritisieren, aber Sahra W. holt »die Menschen« – also deren große Mehrzahl – hier bei ihren (um mich zu wiederholen) von »Bild und der Glotze« geprägten Stimmungen ab. Ich kann das nicht missbilligen. Und die Mehrheit in diesem Volk, wenn auch entmündigt, sind die Arbeiter/Arbeiterinnen und Angestellten!
Warum soll im übrigen ein Staatsvolk nicht mehrheitlich bestimmen dürfen, wieviel und welche (geregelte) Zuwanderung durch a) politisches Asyl Suchende, b) aus Bürgerkriegen, NATO- oder Israels Kriegen Flüchtende, c) ein besseres Leben und Einkommen Suchende es zeitweise oder als ständige Einwanderer akzeptiert und welche nicht? Was sonst wäre Demokratie? Wer die Mehrheitsmeinung nicht teilt, muss für seine unterlegene Meinung agitieren! Aber fair! Sozialliberale »Regenbogen«-Linke oder »Kultur-Linke« dürften für ihre Konzeption der »offenen Grenze für alle« keine Mehrheit finden. Sie könnten aber eine historische Chance verspielen, im Ringen um Frieden, Abrüstung und Verständigung mit Russland und China die latente Mehrheit zu entsprechendem aktivem Handeln zu bekommen! (Statt dass sie weiterhin mehrheitlich politische Parteien wählen, die in diesen Grundfragen auf der diametral anderen Seite stehen.)
Das ist der Vorwurf, den man solchen Beiträgen aus dem – sorry! – linksliberalsozialen Lager machen muss: dass sie »auf Nebenkriegsschauplätzen« die notwendige Einheit »des deutschen Volkes«, also der 70 bis 90 Prozent, die keinen Vasallenkurs gegenüber den USA und keinen Kurs der Feindschaft zu Russland wollen, stören, sie hoffentlich nicht zerstören.
Absichtlich?
Das Nationalkomitee Freies Deutschland wählte, um nicht Hitlergegner aus dem konservativ-monarchistischen Lager zu verprellen, zu seinen Farben Schwarz-Weiß-Rot – schon vergessen? Wir brauchen alle Gegner des US-Atomkriegskurses, alle! Wir brauchen alle Gegner des wahnwitzigen Aufrüstungskurses, bei dem allein Deutschland bald mehr ausgeben wird als das von der NATO eingekreiste Russland – alle! Wir brauchen alle Gegner der zunehmenden sozialen Spaltung der Gesellschaft, von der mit Kriegen abgelenkt werden soll – alle!
Also bitte keine »Nebenkriegsschauplätze« von links gegen links – das dient nur den Kriegstreibern!
Unter diesem Aspekt halte ich den Beitrag von Mellenthin für außerordentlich bedauerlich, von seinen verbalen Entgleisungen ganz abgesehen (man kann jemanden nicht mögen, aber sachlich sollte man schon bleiben können).
Mir sagt das leider, dass auch die junge Welt keine wirkliche Stütze im Friedenskampf ist ...
Besinnt euch!
Ich bezweifle, dass der Autor genügend Ossis kennt, um beurteilen zu können, ob sie ganz oder teilweise Rassisten sind oder zumindest mitunter rassistisch denken und handeln. Wir haben jedenfalls ausgesprochene Protestwähler der AfD kennengelernt (im Raum Berlin). Nicht erwähnt werden die Wahlerfolge der AfD in den ostdeutschen Grenzgebieten zu Polen und Tschechien. Dort sind die Erfahrungen und damit Einstellungen der Bevölkerung an der offenen Grenze jedenfalls nicht gegen braunhäutige, braunäugige oder kraushaarige Menschen gerichtet, auch nicht gegen Andersgläubige, solange sie »die Kirche im Dorf lassen«, bzw. gegen andere Kulturen, sondern ganz simpel gegen deutsch-polnische Kriminalität, die sich die Grenze zunutze macht und derer die Polzei wohl nicht Herr wird. Rassisten? Mal von der Unhaltbarkeit des Begriffes »Rasse« abgesehen – worum ging es denn in Chemnitz? Um den deutschen Anteil oder um den kubanischen Anteil an dem erstochenen Deutsch-Kubaner? Wegen oder trotz dessen »Mischlingscharakters«?
Nicht erwähnt werden die AfD-Wahlerfolge am östlichen Rand Berlins, wo viele Russland- und Kasachstan-Deutsche leben. Früher waren das großenteils Stammwähler der CDU, nun sind sie enttäuscht, weil Frau Merkel nicht mehr sie, sondern die syrischen Flüchtlinge liebt ...
Rassisten?
Das führt alles nicht weiter.
Skurril ist, dass Mellenthin Sahra W. Unordentlichkeit und Inkonsequenz vorwirft. Wo sind denn seine eigenen exakten Analysen? Die beiden angeführten »Fälle« (Mohammed Daleel und Anis Amri) haben m. E. eindeutig folgende Züge gemein: Es geht um entwurzelte, perspektivlose, von Abschiebung bedrohte und daher dem psychischen Zusammenbruch nahe, suizidgefährdete, aus der arabischen Welt kommende, sunnitische männliche Jugendliche (welche Rolle Söhne im Gegensatz zu ihren Schwestern in arabischen Familien spielen, welche großen und eventuell grotesk überhöhten Erwartungen aber auch von der Großfamilie an sie gestellt werden, weiß man hierzulande kaum), die aus ihrem selbst empfundenen Versagen und der Kleinkriminalität, in die sie »systematisch« getrieben werden, um zu überleben, außer dem Suizid vor allem den »Ausweg« sehen, mit einem spektakulären Attentat auf sich aufmerksam zu machen – aber auch auf das Elend der Muslime in der arabischen Welt. Sind sie keine »Rassisten«, wenn sie möglichst viele der am Elend in der Welt des Islam desinteressierte Christen töten wollen?
Beide waren übrigens zwischen 18 und 20 Monate in Deutschland und sollten es wieder verlassen, als sie die Attentate unternahmen. Die 2015 ungeordnet eingewanderten syrischen Muslime, Christen, Jesiden und Atheisten sind bereits länger hier. Um sie kümmert sich die Bundesrepublik aber mehr, auch um dem syrischen Assad-Regime durch Brain-drain-Förderung zu schaden. Vielleicht gibt es deshalb weniger spektakuläre Vorfälle mit »fanatischen Islamisten«, in Wirklichkeit aber perspektivlosen und verzweifelten Jugendlichen unter ihnen.
Aber das hat nun den »Sozialneid« oder Ähnliches der Bevölkerung Deutschlands hervorgerufen, übrigens einschließlich der »Menschen mit Migrationshintergrund« mit deutschem Pass. Der Bevölkerung – um nicht vom »deutschen Volk« zu sprechen, das es zwar laut Grundgesetz geben soll, dessen Erwähnung aber bei Linken sofort als »rechts« denunziert wird.
Synonym dafür ist m. E. das von Mellenthin kritisierte »wir« bei Sahra W., das allerdings nicht nur die werktätige Klasse bzw. die 90 Prozent meint, die hierzulande »sozial unten« sind, sondern das »Staatsvolk« – von dem letzten Obdach- oder Arbeitslosen bis zu Friede Springer, Liz Mohn oder Susanne Klatten-Quandt. (Natürlich sind Letztere nicht von der »gefühlten«, weil auch von »Bild und der Glotze« - um mit Gerhard Schröder zu sprechen - hochgepuschten Unsicherheit gleichermaßen betroffen. Obwohl sich doch Diebstahl, Raub und Lösegelderpressung bei ihnen besonders lohnen sollten. Aber die haben ihre eigenen Privatsicherheitskräfte.) Das mag man kritisieren, aber Sahra W. holt »die Menschen« – also deren große Mehrzahl – hier bei ihren (um mich zu wiederholen) von »Bild und der Glotze« geprägten Stimmungen ab. Ich kann das nicht missbilligen. Und die Mehrheit in diesem Volk, wenn auch entmündigt, sind die Arbeiter/Arbeiterinnen und Angestellten!
Warum soll im übrigen ein Staatsvolk nicht mehrheitlich bestimmen dürfen, wieviel und welche (geregelte) Zuwanderung durch a) politisches Asyl Suchende, b) aus Bürgerkriegen, NATO- oder Israels Kriegen Flüchtende, c) ein besseres Leben und Einkommen Suchende es zeitweise oder als ständige Einwanderer akzeptiert und welche nicht? Was sonst wäre Demokratie? Wer die Mehrheitsmeinung nicht teilt, muss für seine unterlegene Meinung agitieren! Aber fair! Sozialliberale »Regenbogen«-Linke oder »Kultur-Linke« dürften für ihre Konzeption der »offenen Grenze für alle« keine Mehrheit finden. Sie könnten aber eine historische Chance verspielen, im Ringen um Frieden, Abrüstung und Verständigung mit Russland und China die latente Mehrheit zu entsprechendem aktivem Handeln zu bekommen! (Statt dass sie weiterhin mehrheitlich politische Parteien wählen, die in diesen Grundfragen auf der diametral anderen Seite stehen.)
Das ist der Vorwurf, den man solchen Beiträgen aus dem – sorry! – linksliberalsozialen Lager machen muss: dass sie »auf Nebenkriegsschauplätzen« die notwendige Einheit »des deutschen Volkes«, also der 70 bis 90 Prozent, die keinen Vasallenkurs gegenüber den USA und keinen Kurs der Feindschaft zu Russland wollen, stören, sie hoffentlich nicht zerstören.
Absichtlich?
Das Nationalkomitee Freies Deutschland wählte, um nicht Hitlergegner aus dem konservativ-monarchistischen Lager zu verprellen, zu seinen Farben Schwarz-Weiß-Rot – schon vergessen? Wir brauchen alle Gegner des US-Atomkriegskurses, alle! Wir brauchen alle Gegner des wahnwitzigen Aufrüstungskurses, bei dem allein Deutschland bald mehr ausgeben wird als das von der NATO eingekreiste Russland – alle! Wir brauchen alle Gegner der zunehmenden sozialen Spaltung der Gesellschaft, von der mit Kriegen abgelenkt werden soll – alle!
Also bitte keine »Nebenkriegsschauplätze« von links gegen links – das dient nur den Kriegstreibern!
Unter diesem Aspekt halte ich den Beitrag von Mellenthin für außerordentlich bedauerlich, von seinen verbalen Entgleisungen ganz abgesehen (man kann jemanden nicht mögen, aber sachlich sollte man schon bleiben können).
Mir sagt das leider, dass auch die junge Welt keine wirkliche Stütze im Friedenskampf ist ...
Besinnt euch!
Veröffentlicht in der jungen Welt am 10.04.2019.