Ich bin ein seltsamer Amerikaner: Seit fast fünfzig Jahren  kann ich mit Recht sagen „Ich bin ein Berliner".
Und wohl das Seltsamste: ein Ostberliner. Denn 1952 – mitten im  Koreakrieg bin ich als Linker aus der US Army getürmt. Ich war  also Deserteur und kam so nach Berlin-Ost. Wurde ich dadurch  Anti-Amerikaner? Ich sage klar: Nein!". Ich bin nur ein  Anti-Hurra-Amerikaner! 
Schon als Student an der ehrwürdigen  Universität Harvard merkte ich, wie gleich nach dem Zweiten  Weltkrieg die führenden Männer meiner Heimat, die  Hurra-Amerikaner, eine neue Mission entdeckten, ihre Freiheit und  Demokratie in der ganzen Welt zu verbreiten. 
Manchmal  genügten dafür Drohung und Wirtschaftsdruck, denn die USA  waren reich und unzerstört. Also drängelten die  Hurra-Amerikaner die tapfersten Antifaschisten, die  Widerstandskämpfer, aus den Regierungen von Frankreich und  Italien. Sie kuschelten sich an den faschistischen Massenmörder  Franco in Spanien heran, in Deutschland ließen sie die alten  Nazis wieder zu Reichtum und Macht gelangen; nein, nicht die  berüchtigte erste Garnitur, aber doch die zweite, die dritte  und die vierte Garnitur. 
Ähnlich war es in Asien. Japan,  geschlagen und durch zwei fürchterliche Atombomben erschüttert,  bekam auch die zweite Garnitur der alten Macht zurück, bis  heute. Dann wollten die Hurra-Amerikaner den alten Reaktionären  von Westeuropa helfen, ihre Kolonien zurückgewinnen: Frankreich  in Algerien, Vietnam und Kambodscha, die Niederlande in Indonesien,  England in Malaysia. In Iran halfen sie dem Schah schon 1946, die  Kurden und Aserbaidshaner zu unterdrücken, und 1953 retteten sie ihn vor dem eigenen Volk, das ihn gestürzt  hatte. Überall roch man dabei das Erdöl! Oil! Oil! Oil!  
Korea war komplizierter. Doch zwischen 1950 und 1953  zerstörten USA-Flugzeuge fast jedes Gebäude in dem armen  Land, und töteten wer weiß wie viele Zivilisten. Sie  hielten einen Mann an der Macht, der für die japanische  Kolonialmacht gearbeitet hatte, und bekämpften den, der seit  Jahrzehnten den Unabhängigkeitskampf geführt hatte. Für  diesen Krieg wurde auch ich in das Militär eingezogen. Nur statt  in Korea endete ich in Berlin-Ost. 
Ich war außer der  Reichweite von Washington, aber nicht aus dem Weltbild. Ich freute  mich über meine Landsleute, wenn sie sich gegen Wettrüsten,  Aggression und Rassismus agierten. Doch weiterhin hasste ich die  mächtigen Hurra-Amerikaner! 
Als das demokratische  Guatemala 1954 wagte, die brachen Felder des Bananenriesen United  Fruit Company unter armen Bauern zu verteilen – da stürmten  die von der CIA bewaffneten Söldner hinein. Der Boden wurde mit  dem Blut von Hunderttausenden Mayas und anderen Indigenos getränkt.  
Als das  riesige, reiche Kongo1960 einen freien, unabhängigen Staat  aufbauen wollte, ließen die CIA-Vasallen den Premier und Dichter  Patrice Lumumba foltern und ermorden. Das Foltern begann ja nicht  erst mit George Bush! Einen Söldner und Kleptokraten namens  Mobuto setzten die Hurra-Amerikaner an die Macht. Sein mörderischer Raubzug dauerte Jahrzehnte, kostete Millionen das Leben – und das  Morden dauert heute noch an. 
1961 schickten sie ihre  Söldner gegen Kuba - in die Schweinebucht. Die Schweine konnte  man schnell stoppen. Doch brauchte es zehn grausame Jahre, ehe  Bombern und Invasionstruppen der Hurra-Amerikaner aus Vietnam  flüchten mussten, nachdem sie die Wälder zerstört,  über zwei Millionen Vietnamesen getötet und Generationen  von mißgebildeten Kindern hinterlaßen hatten. Diesmal nahmen – neben  Millionen in der ganzen Welt – Hunderttausende meiner  Landsleute am Kampf gegen die Hurra-Amerikaner teil. 
Es ging  trotzdem weiter: 1973 gegen Chile, 1975 gegen Angola, 1983 überfiel  die Marine das kleine Grenada, 1989 war es Panama. Sie unterstützten  die Invasion gegen Ost-Timor; 200.000 starben an den Folgen.  In Serbien trafen Bomben Chemiefabriken und  Fernsehsender, erschütterten Krankenhäuser, zerstörten  „zufällig" ein Botschaftsgebäude, trafen eine von  Zivilisten benutzte Brücke! 
Auch Haiti, Afghanistan - und Irak! Irak! Keiner weiß, wie viele  Hunderttausende dort getötet wurden. Ich denke an einen. Hieß  er nicht Ali, der kleine Junge, der Arzt werden wollte, aber in einem  Fliegerangriff seine Familie und beide Arme verlor? Er fragte: Was  haben wir den Amerikanern getan? Warum nur? Die Antwort. Oil1 Oil!  Oil! 
Oh nein, entgegnen sie. Wegen Freiheit und  Demokratie sind die Bomben und Raketen leider unvermeidlich! Habt ihr  aber nicht gemerkt? Fast immer nennen sie als zusätzliche Tugend  die freie Marktwirtschaft! Also den Kapitalismus! Als ob Demokratie  und Marktwirtschaft Zwillinge wären, wie siamesische Zwillinge!  Aber wie buchstabieren die Hurra-Amerikaner ihre Marktwirtschaft? Mit  dem Buchstabe M geht es los – McDonalds, Marlboro, Merck Pharma,  das Microsoft-Monopol, die Murdock-Medienherrschaft. Und nach M in  Marktwirtschaft kommt A wie Armee. Und die braucht Stützpunkte.  USA-Stützpunkte – schon sind sie überall, von den Azoren  im Atlantik bis in die Südsee. Nun sollen sie nach Verona, nach  Tschechien und Polen kommen. Und vier oder fünffach in Irak.  Überall! 
Die Versuche, gegen diese Marktdemokratie eine  bessere menschliche Ordnung aufzubauen, sind zwischen Rostock an der  Ostsee und Rostow-am-Don aus vielen Gründen gescheitert. Die  Hurra-Amerikaner glaubten also, die Welt ganz für sich zu haben.  
Nur, sie haben sich geirrt. Auf tragische Art beweist Irak  die Leere ihrer so sicheren Pläne, obwohl sie die Erdölfelder  am Tigris und Euphrat und die Stützpunkte ringsherum noch immer  nicht aufgeben wollen. Doch sogar in Amerika entsteht neue Hoffnung.  .In den Wäldern am Orinoco-Fluß, an den Flanken der Anden  wollen die Völker in Venezuela, Bolivien, Ecuador und anderswo  nicht mehr untertänig leiden - und sie sind nicht mehr so allein wie  einst Guatemala und Kuba. Präsident Correa sagte stolz: Die USA  dürfen ihren Stützpunkt in Ecuador gern behalten – wenn  wir einen Stützpunkt in Florida bekommen. Könnte ein  wirklich freier Irak nicht sagen: Stützpunkte? Bitte sehr. Aber  dann auch unsere in Wyoming, Pennsylvania, Alabama! 
Und dort,  unter meinen Landsleuten, gibt es wieder Hoffnung. Wie wir  demonstrieren viele für die Rechte der Migranten, für einen  gerechten Frieden im Nahen Osten, ein Ende des Krieges in Irak, keinen  Krieg gegen Iran - oder sonst jemanden auf der Welt. 
Hier an  der Ostsee fordert man überall den Ausweis, die  Sondergenehmigung, die Legitimation. Ich meine, wer keine echte  Legitimation hat, das sind George Bush, Tony Blair, Sarkozy, Merkel.  Wegen Putin leidet Tschetschenien. Und die anderen? Wir erkennen  keine Hurra-Amerikaner als legitime Gesprächspartner an. Auch  nicht ihre Schoßpudel.
Wer arbeitende Menschen in dieser  Welt ausbeutet und unterdrückt, wer sie mit Uranbomben,  Clusterbomben, Raketen angreift, hat kein Stimmrecht. Auch nicht,  wer solche Mörder duldet! Wir wollen sie nicht! Hier gibt es  Probleme genug! Sie sollen gefälligst die Strände, die  Felder und die Ortschaften von Mecklenburg in Ruhe lassen, sie sollen  sie verlassen!