Mogelpackungsmeister
Von Reinhard Lauterbach
Diplomatische Verhandlungen mit Viehmärkten alter Zeiten zu vergleichen, wo jeder jeden übers Ohr zu hauen versucht, ist eigentlich eine allzu abgegriffene Metapher, um sie hier zu bemühen. Aber was da aus Florida und Kiew über die Gespräche der Präsidenten Trump und Selenskij durchsickerte bzw. offiziell mitgeteilt wurde, ist mit »unseriös« zurückhaltend umschrieben. Angefangen mit den »Sicherheitsgarantien« der USA, die auf 15 Jahre befristet sein sollen und im wesentlichen von der EU gestemmt werden sollen. Denn Trump weiß, dass Russland EU- bzw. NATO-Truppen auf ukrainischem Boden nicht akzeptieren würde, und ist bestrebt, dieses Risiko von den USA fernzuhalten. Ob die »Europäer« bereit sind, anstelle der USA ins Obligo zu gehen, muss sich zeigen. Die Begeisterung ist nicht überwältigend.
Aber Trump ist ein Staatsmann im Vergleich zu Wolodimir Selenskij, der in seinen Erklärungen etliche Verrenkungen vollführt. Alle denkbaren Zugeständnisse der Ukraine sollen erst in Kraft treten, wenn der Westen seine Sicherheitsgarantien gegeben hat. Er verlangt also von seinen westlichen Beschützern Zusagen ins Blaue. Und was er dann macht, hält er sich maximal offen: Soll das ukrainische Parlament über mögliche Gebietsabtretungen an Russland entscheiden oder doch ein Referendum, wie es die Verfassung des Landes vorschreibt? Und worüber sollen die Leute entscheiden: über den ganzen »Friedensplan« Selenskijs – der sowieso keine Gebietsabtretungen enthält, zumindest nicht im veröffentlichten Teil –, oder doch über die Abtretungen als solche? Klar ist nur eines: Der ukrainische Präsident will mit allen Mitteln die persönliche Verantwortung für solche Gebietsverluste von sich schieben. Wobei eine Volksabstimmung zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit großer Wahrscheinlichkeit das Ergebnis bestätigen würde, das Selenskij ohnehin will: keine Gebietsabtretungen. Zur Sicherheit werden in der Präsidialverwaltung Pläne geschmiedet, allen Kriegsdienstverweigerern das Stimmrecht zu entziehen und damit das Potential der Selenskij-Gegner um einige Millionen Stimmen zu schwächen.
Denn am Horizont tut sich Gefährliches, jedenfalls für den Präsidenten. Walerij Saluschnij, der frühere militärische Oberbefehlshaber, den Selenskij als Botschafter nach London weggelobt hatte, hat nach Informationen ukrainischer Medien angekündigt, den diplomatischen Posten aufzugeben und in die Ukraine zurückzukehren. Wie es dort heißt, soll er Ende November mehrere Angebote des Präsidenten, unter dessen Führung einen bedeutenden Posten zu bekommen, abgelehnt haben. Das bedeutet: Saluschnij bereitet sich auf eine Gegenkandidatur zu Selenskij im Falle künftiger Neuwahlen vor. Er ist kein »Mann des Friedens«, aber unbelastet durch Korruptionsaffären im Umfeld des Präsidenten und gilt als ehrliche Haut. So einen braucht der Westen, um die Ukraine als antirussisches Bollwerk am Leben zu halten.
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