Merkel wäre sofort im Flugzeug
Von Arnold Schölzel
Im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 20. Dezember tritt der 97jährige Klaus von Dohnanyi (SPD) erneut als »Putin-Versteher« auf. NZZ-Auslandsressortchef Benedict Neff hält ihm dort vor: »Trump hat mit Putin gesprochen. Es gab ein Treffen in Alaska, und man hat wiederholt miteinander telefoniert. Putin scheint keinen Frieden zu wollen.« Von Dohnanyi: »Das sehe ich ganz anders. Putin will auch Frieden, aber eben zu seinen Bedingungen. Das zentrale Problem ist und bleibt die Rolle der Ukraine nach einem solchen Frieden. Ist die Ukraine danach Teil der NATO-Struktur, wenn auch nicht ein unmittelbares Mitglied? So ist doch im Kern die Position des Westens. Das wäre für Russland aber nicht akzeptabel.«
Später erläutert er: »Als der amerikanische Präsident Clinton die NATO-Osterweiterung im Jahr 1997 in Gang setzen wollte, um die Wahlen zu gewinnen, haben ihn viele kundige Amerikaner gewarnt. Robert McNamara und der Historiker George F. Kennan schrieben mit vielen anderen einen Brief an den Präsidenten und warnten vor diesem Fehler von ›historischem Ausmaß‹. In Jalta hatte Präsident Franklin Roosevelt 1945 diese osteuropäischen Länder in leichtfertiger Weise der Sowjetunion zugesprochen. Jahrzehnte später haben wir sie ebenso leichtfertig in die NATO aufgenommen und damit das Problem verschärft.« NZZ: »Sie glauben also, der Westen trage eine Mitschuld am Krieg in der Ukraine?« Von Dohnanyi: »Ja, aber nicht nur deswegen. Der Westen ist auch mitschuldig wegen des Versuchs, die Ukraine in die NATO aufzunehmen, auch wenn Ihre Zeitung das nicht wahrhaben will. Der ehemalige US-Präsident Joe Biden ist doch ein Pharisäer erster Ordnung; er hat den Ukraine-Krieg im wesentlichen verursacht.« Und ergänzt: »Ich hoffe, dass ich Frau Merkel nicht unziemlich zitiere, aber ich habe sie mal gefragt: ›Was hättest du gemacht, wenn du erfahren hättest, dass ein Präsident der USA plötzlich wieder einen NATO-Beitritt für die Ukraine ins Spiel bringt?‹ Da hat Frau Merkel gesagt, sie wäre in derselben Nacht ins Flugzeug nach Washington gestiegen und hätte interveniert.«
Der frühere SPD-Politiker, der sich auf »einsamem Posten« sieht, dürfte sich der von Ursula von der Leyen und Kaja Kallas dekretierten Sanktionstatbestände der »Desinformation« und »Sprachrohr für prorussische Propaganda« schuldig gemacht haben. Nach den Maßstäben der beiden EU-Größen ist mindestens eine Kontosperre fällig.
Außerdem bezweifelt von Dohnanyi sogar Putins Angriffswillen. Dabei hat Friedrich Merz jüngst amtlich festgelegt, Putin sei Hitler 1938, dem das Sudetengebiet damals nicht reichte. Von Dohnanyi: »Historisch ist Herr Merz offenbar ziemlich ungebildet.« Zur »Dominotheorie«: »Ich sehe diese Konsequenz nicht.« Wohl aber die Gefahr eines großen Krieges in Europa: »Ich bin besorgt, weil die Interessen so weit auseinandergehen. Herr Selenskij sagte vor einiger Zeit, sein Land schütze auch die USA. Trump widersprach und antwortete, Amerika sei durch den Atlantik geschützt und nicht durch die Bürger der Ukraine. Er hat recht: Wenn es in Europa einen Krieg gibt, klirrt in New York keine Fensterscheibe.« Es sei »für Europa schmerzlich, dass Herr Merz seit seiner Ernennung zum Bundeskanzler noch nicht in Moskau gewesen ist«.
Von Dohnanyi lässt auch nicht weg, wo er das Friedenshindernis sieht: »Der Nationalismus der Ukraine ist von einem sengenden Durst getrieben, der erschreckend ist. In Deutschland hat dieser Nationalismus dann zum Aufstieg von Adolf Hitler geführt. Ich glaube nicht, dass man mit den Leuten in Kiew gegenwärtig einen dauerhaften Frieden machen kann.« Von Dohnanyi ist ein Fall für die EU-Wahrheitskämpfer.
»Ich glaube nicht, dass man mit den Leuten in Kiew gegenwärtig einen dauerhaften Frieden machen kann.« Von Dohnanyi ist ein Fall für die EU-Wahrheitskämpfer.
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