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Aus: Ausgabe vom 09.12.2025, Seite 4 / Inland
Reaktion auf US-Strategiepapier

Abfuhr aus Washington

Neue US-Sicherheitsstrategie stößt in BRD auf Missfallen. CDU-Politiker spricht von »zweiter Zeitenwende«
Von Max Ongsiek
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Auch auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt darf Präsident Donald Trump die US-Flagge schwenken (28.11.2025)

Sie ist ein Brocken, der geschluckt werden will: Die am vergangenen Freitag veröffentlichte neue »Nationale Sicherheitsstrategie« der US-Regierung rechnet mit der Rolle der Europäischen Union als Bündnispartner ab. In dem Papier wird hiesigen Regierungen unter anderem die »Untergrabung demokratischer Prozesse« vorgeworfen. Am Montag hat Regierungssprecher Sebastian Hille im Namen der Bundesregierung dazu Stellung genommen. Die »schwarz-rote« Koalition von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) habe zurückhaltend auf das Dokument reagiert. An vielen Stellen teile man die Analyse, beispielsweise zur Verringerung wirtschaftlicher Abhängigkeiten, sagte Hille am Montag in Berlin vor Journalisten. Die USA und »Europa« blieben enge Partner. »Die teils kritischen Töne gegen die EU weisen wir zurück«, betonte der Sprecher. Die freie Meinungsäußerung sei ein Grundpfeiler in der EU, Vorwürfe gegen die EU in diesem Bereich seien eher ideologisch als eine Strategie.

Schon am Wochenende wurden Stimmen aus dem Regierungslager zu dem US-Papier laut. So sagte CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen am Sonntag den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND): »Erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stehen die USA nicht mehr an der Seite der Europäer.« Röttgen bewertete das Papier als »zweite Zeitenwende« für Europa. Ähnlich äußerte sich CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter: »Die Trump-USA sind keine klassischen Wertepartner mehr, sondern verfolgen rücksichtslos eigene Wirtschaftsinteressen.« Er forderte: »Europa müsse jetzt umgehend gesellschaftlich, militärisch und ökonomisch stärker werden.« Nur so sei zu verhindern, »zum Spielball von Washington, Moskau oder Peking zu werden«.

Ins selbe Horn stieß auch die klar EU-imperialistisch eingestellte Grünen-Chefin Franziska Brantner gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Montag. »Europa hat jetzt die Chance, seine Zukunft selbst zu gestalten«, sagte sie. Das 33 Seiten umfassende Dokument der US-Regierung sei ein Zeichen dafür, »wie schnell sich die geopolitische Lage verändert«. Die EU dürfe keine Zeit mehr verlieren. Wofür? Die eigene Souveränität. In diese müsse nun »investiert« werden. Konkret nannte die Grünen-Chefin die digitale Infrastruktur, den Zugang zu kritischen Rohstoffen und mehr Zusammenarbeit in der Verteidigungs- und Rüstungspolitik. »Das ist auch und vor allem die Aufgabe der deutschen Bundesregierung«, erklärte Brantner.

Während hierzulande von einer zweiten »Zeitenwende« geredet und sich in einem Zwei-Fronten-Krieg gewähnt werde, hätten die USA andere Interessen, erklärte die Außenpolitikerin und langjährige Bundestagsabgeordnete Sevin Dagdelen (BSW) am Montag auf jW-Anfrage. Die USA wollten »einen verstärkten Zugriff auf europäische Ressourcen«. Die »europäischen Kriegsbesoffenen« würden Dagdelen zufolge »von einem Angriff auf Russland träumen und deshalb – auch über die EU-Kommission – die Meinungsfreiheit weiter einschränken wollen, um hier freie Hand zu haben«.

In dem Strategiepapier legt die Trump-Regierung ihre außen- und sicherheitspolitischen Leitlinien fest. Auf knapp drei Seiten wird auf die außenpolitischen Beziehungen der Europäischen Union eingegangen. Die EU-Wirtschaft befinde sich im »Niedergang«, die EU untergrabe »die politische Freiheit« und »Souveränität« der Mitgliedstaaten durch »Zensur« der Meinungsfreiheit und »Unterdrückung der politischen Opposition«. Schließlich solle Europa »europäisch« bleiben und »zivilisatorisches Selbstbewusstsein« zurückgewinnen. Das Ziel der US-Regierung sei, »Europa dabei zu helfen, seinen derzeitigen Kurs zu korrigieren«. Der »wachsende Einfluss patriotischer europäischer Parteien« gebe aber »Anlass zu großem Optimismus«. Europa solle nicht nur »Hauptverantwortung für seine eigene Verteidigung« übernehmen, sondern die europäischen Märkte für »US-amerikanische Waren und Dienstleistungen« öffnen.

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