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Aus: Ausgabe vom 28.11.2025, Seite 2 / Inland
»Widersetzen« in Gießen

Welchen Charakter hat die neue AfD-Jugend?

Die Neugründung ist ein Versuch, den »identitären« Nachwuchs der Partei wieder salonfähig zu machen, findet Laura Wolf
Interview: Hendrik Pachinger
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Auch die Umweltschutzgruppe »Robin Wood« mobilisiert für den Protest in Gießen (Berlin, 17.11.2025)

Die AfD will an diesem Wochenende ihre bundesweite Jugendorganisation neugründen. Welchen Charakter wird diese Parteijugend haben?

Die bisherige, übrigens als rechtsextrem eingestufte AfD-Jugend, die Junge Alternative, hatte sich Anfang des Jahres aufgelöst. In der Neugründung sehen wir einen Versuch, eine faschistische und gewaltbereite Jugendgruppierung wieder salonfähig zu machen. Diese soll mit denselben Faschisten besetzt werden. Dem werden wir uns als breites Bündnis und mit Menschen aus ganz Gießen entgegenstellen. Denn diesem Hass, dieser Hetze und dieser Gewalt gegen Millionen von Menschen, wie beispielsweise migrantische oder queere Personen, werden wir keinen Raum geben. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

Die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit hat vor kurzem eine Sammlung der möglichen Kandidaten und Funktionäre veröffentlicht. Lässt sich schon sagen, welche Richtung tonangebend sein könnte?

Für uns geht die geplante Aufstellung genau in die Richtung, die wir erwartet haben. Viele bereits an der JA beteiligte Jungfaschisten werden auch hier wieder in führenden Positionen sein. Und dass sich diese gewaltbereiten Rechtsextremen hier organisieren wollen, dürfen wir nicht zulassen. Da sind wir als gesamte Gesellschaft in der Verantwortung, etwas dagegen zu unternehmen. Genau deswegen werden wir uns dieser Neugründung widersetzen.

Rechnen Sie bei Ihren Aktionen mit staatlichen Eingriffen oder Provokationen auf den Straßen?

Das »Widersetzen«-Bündnis plant, mit über 200 Bussen aus allen Himmelsrichtungen nach Gießen zu fahren. In und um die Stadt werden wir durch massenhafte Sitzblockaden die Neugründung dieser Jugendorganisation verhindern. Auf Provokationen lassen wir uns nicht ein. Unser Aktionskonsens besagt, dass von uns keine Eskalation ausgeht, und alle Menschen, die mit »Widersetzen« in Aktion treten, verpflichten sich mit ihrer Teilnahme, sich daran zu halten. Unser Protest und unsere Protestform sind legitim und wichtig, denn im Kampf gegen den Faschismus können wir uns auf den Staat nicht verlassen. Deswegen nehmen wir Antifaschismus selbst in die Hand.

Berichten zufolge plant die Polizei, Brücken über die Lahn zu sperren und politische Aktionen auf die andere Flussseite zu verlegen.

Die Behörden der Stadt Gießen haben vergangene Woche kurzfristig alle in der Weststadt angemeldeten Kundgebungen beziehungsweise Versammlungen verlegt. Wir verurteilen dieses Vorgehen aufs Schärfste und finden es eine Schande, dass den Faschisten dort quasi der rote Teppich ausgerollt wird. Wir wünschen den Organisatoren ganz viel Erfolg mit ihren Klagen gegen diese Einschränkung unseres Protestes. Laut Versammlungsrecht besteht ein Anrecht auf Hör- und Sichtweite zu der Sache, gegen die sich der eigene Protest richtet. Wir als »Widersetzen« lassen uns davon aber auf jeden Fall nicht abschrecken.

Wie haben Sie mobilisiert?

In den zurückliegenden Wochen haben wir in Gießen gemeinsam mit den »Studis gegen rechts« an den Unis informiert und mobilisiert, es gab Infostände in der Einkaufsstraße, einen Spendenlauf und Bürgerdialoge. Außerdem gab es eine große Aktionskonferenz anlässlich des 9. Novembers unter dem Motto »Gedenken heißt handeln«, veranstaltet von der VVN-BdA. Bundesweit haben wir uns in einem Mega-Zoom-Call mit über 3.000 Menschen getroffen, um gemeinsam dieses Wochenende vorzubereiten und unseren Protest in über 80 Städte zu tragen.

Derart breite Proteste werden durch verschiedenste Organisationen unterstützt. Vermutlich werden auch politische Parteien, die den gesellschaftlichen Rechtsruck mitverursacht haben, anwesend sein. Rechnen Sie von diesen mit einer realen Beteiligung an den Aktionen oder eher mit einem »Bratwurstessen gegen rechts«?

Einer unserer Sprecher war erst diese Woche bei einer Pressekonferenz der Partei Die Linke zu Gast. Wir rechnen also auf jeden Fall mit einer realen Beteiligung an unseren Aktionen, zum Beispiel auch durch eine Unterstützung in Form von parlamentarischen Beobachtern.

Laura Wolf ist Pressesprecherin des Aktionsbündnisses »Widersetzen«

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