Die Querschießer
Von Reinhard Lauterbach
Man muss US-Präsident Donald Trump keine große Friedensliebe unterstellen – aber den Krieg in der Ukraine hat er erkennbar satt. Als Investor kennt er den Begriff der »Stop-Loss-Strategie«: ein verlustbringendes Engagement abstoßen, wenn es keine Chance auf den »Turnaround« gibt. Das scheint in Trumps Umgebung in puncto Ukraine die Mehrheitsmeinung zu sein. Laut US-Medien hat sein Außenminister Marco Rubio der ukrainischen Delegation in Genf aufs Butterbrot geschmiert, dass Kiew den Donbass sowieso verlieren werde – besser, es trete die weitgehend zerstörte Industrieregion freiwillig ab und könne dafür vielleicht noch irgend etwas herausholen und außerdem das Leben Tausender ukrainischer Soldaten schonen. Trump bestätigte das am Dienstag nochmals: Ja, er habe es eilig mit einem Friedensschluss, damit von der Ukraine überhaupt noch etwas übrig bleibe. Das deckt sich in bemerkenswerter Weise mit einer Aussage von Wladimir Putin Anfang dieser Woche: Russland sei gern zu Gesprächen über eine »Regulierung des ukrainischen Konflikts« bereit, soweit seine Grundinteressen berücksichtigt würden. Aber die militärischen Perspektiven der »Spezialoperation« seien derzeit auch nicht schlecht.
Ein Verlierer der ganzen Aufregung steht jedenfalls schon fest: die europäische »Koalition der Willigen« bzw. Möchtegerns. Der britische Premier Keir Starmer hat zugegeben, dass der europäische 24-Punkte-Plan Altpapier sei; es gehe nur noch um Trumps auf 19 Punkte reduzierten zweiten Plan. Dass dieser eingedampft worden ist, muss an sich noch nichts Schlimmes bedeuten: Warum sollte Kiew ein Mitspracherecht etwa über die Verwendung des eingefrorenen russischen Vermögens oder die Ausgestaltung der künftigen US-russischen Beziehungen bekommen?
An dieser Stelle kommen die Querschießer ins Spiel. Wolodimir Selenskij erklärt, er sei mit allen Punkten des Trumpschen Plans einverstanden, außer dreien: der zahlenmäßigen Begrenzung der ukrainischen Armee, der NATO-Mitgliedschaft und den Gebietsfragen. Er will erkennbar provozieren, dass Russland den Gesamtplan ablehnt und dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass der Krieg weitergeht. Und plötzlich taucht ein von Bloomberg zitierter Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs von Mitte Oktober auf, in dem US-Unterhändler Steve Witkoff Putin-Berater Juri Uschakow die Zusammenarbeit am Waffenstillstandsplan angeboten habe. Witkoff rät der russischen Seite zudem, Trump ein bisschen zu schmeicheln, um das Verhandlungsklima zu verbessern: »Das würde ich jedenfalls so machen.« Uschakow bestätigte indirekt die Tatsache und den Inhalt der Gespräche. Warum jetzt die Veröffentlichung? »Um zu schaden«. Ob der Mitschnitt vom britischen Geheimdienst kommt, wie der russische Auslandsdienst SWR vermutete? Passen würde es. Das Königreich ist seit Boris Johnsons Kiew-Besuch im März 2022 Drahtzieher der »Kriegspartei«.
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