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Aus: Ausgabe vom 25.09.2025, Seite 7 / Ausland
Ukraine-Krieg

»Papiertiger« Russland

US-Präsident spricht von vollständiger Rückeroberung der Ukraine und bezeichnet Russland als schwach. Kiew und Europäer erfreut
Von Reinhard Lauterbach
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Vor Ort sieht es nicht danach aus, als könnte Kiew die Initiative im Krieg wiedergewinnen (Saporischschja, 23.9.2025)

Ukrainische und EU-Politiker haben die jüngsten Äußerungen von Donald Trump zum Ukraine-Krieg begrüßt. Der US-Präsident hatte am Dienstag nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen aus Kiew, Wolodimir Selenskij, auf seiner Plattform »Truth Social« gepostet, er sei jetzt zu einem vollständigen Verständnis der Natur des ukrainisch-russischen Konflikts gekommen und sehe, dass er Russland in große wirtschaftliche Schwierigkeiten bringe. Nach seiner Meinung könne die Ukraine »mit Unterstützung der Europäischen Union« ihr gesamtes Land in seiner ursprünglichen Form zurückgewinnen, »und womöglich mehr als das«. Denn Russland kämpfe seit dreieinhalb Jahren in einem Krieg, den »eine wirkliche Militärmacht in einer Woche gewonnen hätte«. Dies lasse Moskau erscheinen wie einen Papiertiger.

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) reagierte darauf am Mittwoch im Deutschlandfunk: Trump habe erkannt, dass seine Friedensbemühungen bisher erfolglos geblieben seien. Jetzt ziehe er daraus die korrekten Konsequenzen. Das sei eine Kehrtwende zum Besseren, die er begrüße, so Wadephul. Auch der französische Staatspräsident Emmanuel Macron zeigte sich in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung in New York City erfreut darüber, dass Trump an die Fähigkeit der Ukraine glaube, den Krieg im Bündnis mit »uns« zu einem für sie positiven Ende zu führen. Selenskij trug ähnliche Freude über das Bekenntnis Trumps zur Schau, »bis zum Schluss an der Seite der Ukraine zu stehen« und der NATO weiter den Kauf US-amerikanischer Waffensysteme zugunsten der Ukraine zu ermöglichen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas begrüßte die Äußerungen des US-Präsidenten als Anzeichen eines Sinneswandels.

In seinem Post hatte Trump zudem geschrieben, es brauche Zeit, Geduld und finanzielle Unterstützung von seiten der EU und der NATO, um »die ursprünglichen Grenzen, mit denen dieser Krieg begonnen hat«, wieder zu erreichen. Dies lässt erkennbar Interpretationsspielraum, welche Grenze gemeint ist: die von 1991 oder die vom 23. Februar 2022. Ebenso fällt auf, dass er die Unterstützung der Ukraine durch die EU rühmte, ohne für die USA Anzeichen für ein stärkeres Engagement über den Verkauf von Waffen an die NATO hinaus zu zeigen. Einigermaßen merkwürdig klang auch der Schluss seiner Botschaft: Er wünsche beiden Ländern alles Gute und »gutes Gelingen«. In Russland wurde Trumps Posting ersten Reaktionen zufolge nicht besonders ernst genommen. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte am Mittwoch, Russland sei ein Bär und kein Tiger, und Papierbären gebe es nicht.

Tags zuvor hatte das US-Staatsoberhaupt auf die Frage einer Journalistin nach den Drohnenvorfällen in mehreren NATO-Ländern gesagt, er befürworte das Abschießen russischer Flugzeuge, wenn diese in NATO-Luftraum eindrängen. Aus Berlin kamen zu dem Thema gegensätzliche Signale. So mahnte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die NATO-Partner zur Vorsicht: »Leichtfertige Forderungen danach, irgendwas vom Himmel zu holen oder noch einmal ein besonderes Zeichen der Stärke zu setzen, helfen gerade am allerwenigsten.«

Vom unmittelbaren Kriegsgeschehen wurde am Mittwoch von seiten Kiews ein Drohnenangriff auf den russischen Schwarzmeerhafen Noworossijsk gemeldet. Mehrere Meeresdrohnen hätten ein Ölverladeterminal angegriffen, seien aber abgeschossen worden. Die ukrainischen Angriffe auf Raffinerien haben offenbar in Teilen Russlands zu Benzinknappheit geführt. Dies berichtet die als »kremlnah« beschriebene Zeitung Iswestija. Betroffen seien demnach Moskau und Umland, das Petersburger Umland und die Region von Rjasan südlich von Moskau. Begründet wurde dies offiziell mit »Reparaturarbeiten« in den Raffinerien. Russland setzte seinerseits mit einem Angriff gegen Charkiw Teile der dortigen Strom- und Wasserversorgung außer Betrieb und berichtete auch von Angriffen auf Ziele in Dnipro und Saporischschija.

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