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Aus: Ausgabe vom 22.11.2025, Seite 4 / Inland
Kriegsdienstverweigerung

Tips und Tricks gegen Krieg

Linkspartei plant »Ratgeber« für Wehrdienstgegner. Grüne wollen lieber »Freiwilligenregister« für künftige Drohnenpiloten und Feldköche
Von Philip Tassev
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Vorher einen geraucht, schon war man »untauglich«: Jugendliche warten auf die Musterung (Berlin, 5.5.2009)

Es war bis zur Aussetzung der Wehrpflicht im Jahre 2011 eine gängige Methode: Einfach am Abend vor der Musterung etwas Hanf konsumiert – in welcher Form auch immer – schon wurde man am nächsten Tag auf dem Kreiswehrersatzamt »T5« eingestuft: untauglich. So musste man weder Militär- noch Zivildienst leisten.

Jan van Aken scheint sich ebenfalls noch an damals zu erinnern: »So wird zum Beispiel gesagt, dass ein ordentlicher Joint vor der Musterung helfen könnte, um als untauglich ausgemustert zu werden«, äußerte der Linkspartei-Vorsitzende am Donnerstag gegenüber dem Nachrichtenportal T-online. Kiffen ist aber nicht der einzige Tip, den die Linkspartei für kriegsunwillige Jugendliche hat. Es gebe »viele gute Erfahrungen, die wir gerne mit der Jugend teilen, die einfach keinen Bock hat, sich in eine Uniform pressen zu lassen«, so van Aken weiter.

Die Linke plant nun, diese Erfahrungen gesammelt in einem »kleinen Ratgeber« herauszubringen. Über einen entsprechenden Antrag an den Parteivorstand berichtete der Spiegel am Donnerstag. Demnach fordern van Aken und seine Kollegin an der Doppelspitze der Partei, Ines Schwerdtner, in dem Schreiben, dass die Linkspartei über den Zusammenschluss »Die Linke hilft« Beratungsangebote zur Kriegsdienstverweigerung anbietet. Dazu müsse die Partei auch mit Organisationen wie der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) zusammenarbeiten, um diese Beratungen an möglichst vielen Orten durchführen zu können.

Der Spiegel zitierte aus dem Antrag von Schwerdtner und van Aken: »Wir werden über Tips und Tricks für die Zwangsmusterung und Kriegsdienstverweigerung informieren, denn es gibt viele Möglichkeiten, sich dem Zwangsdienst zu entziehen.« Weiter heißt es, die Linkspartei sehe »in der Wehrdienstverweigerung keinen Akt der Verweigerung gegenüber der Gemeinschaft, sondern einen Akt des Mutes und des Friedenswillens«. Wer sich entscheide, »keine Waffe in die Hand zu nehmen«, verdiene Unterstützung und Respekt.

Da sich Die Linke somit als einzige der im Bundestag vertretenden Parteien auf seiten der Kriegsdienstgegner positioniert, könnte dieser Kampagne tatsächlich ein gewisser Erfolg beschieden sein.

Auf der rechten Seite ist man entsprechend empört. »Verantwortung in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik heißt nicht, Ängste auszuschlachten, sondern das Gemeinwohl zu schützen«, behauptete der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Thomas Röwekamp (CDU), gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). Die Linkspartei setze »bewusst auf Polarisierung und billige Mobilisierung«. Das sei beim Thema Wehrdienst »schlicht unverantwortlich« und gefährde »unsere Verteidigungsfähigkeit und damit unseren Frieden und unsere Freiheit«.

Dem schloss sich der Präsident des Reservistenverbandes, Patrick Sensburg (ebenfalls CDU), an. »Die Linke will anscheinend unseren Staat nicht schützen. Durch ein solches Verhalten werden wir in Europa angreifbar, und das führt gerade zu Krieg«, sagte der Oberst der Reserve gegenüber RND. Von dort ist es nicht mehr weit zum Vorwurf des »Vaterlandverrats«, der bislang noch Teilen der AfD vorbehalten ist.

Selbstverständlich sei die Möglichkeit, den Kriegsdienst zu verweigern, durch das Grundgesetz verbrieft, gestand Sensburg ein. Allerdings könne die Linkspartei auch auf andere Formen des Dienstes verweisen, zum Beispiel beim Technischen Hilfswerk oder bei den Feuerwehren. Dies würde ebenfalls der »Gesamtverteidigung« dienen.

Bündnis 90/Die Grünen sind da schon einen Schritt weiter. Statt sich für Wehrdienstverweigerer starkzumachen, kommt aus der einstigen »Friedenspartei« die Forderung nach einem »Freiwilligenregister«. Dort könnten ältere Menschen eintragen, welche Fähigkeiten sie im »Spannungsfall« einbringen könnten, sagte Parteichefin Franziska Brantner den Zeitungen der Funke-Gruppe vom Mittwoch.

Im Falle eines Krieges »müsse die Bundeswehr natürlich wissen, wer von den Jüngeren Wehrdienst leisten kann«, sagte die Grünen-Politikerin. »Aber wir werden auch Menschen brauchen, die Drohnen programmieren und steuern, die Logistik verstehen, die Essen für mehr als 1.000 Menschen kochen können«, betonte sie. Diese Fähigkeiten seien nicht ans Alter gebunden. »Wir sollten die Möglichkeit schaffen, dass Ältere sich freiwillig melden können und sagen: Das sind meine Fähigkeiten, und ich bin bereit, sie einzusetzen.« Brantner scheute sich nicht, ihren Vorschlag in den Kontext einer »Generationengerechtigkeit« zu setzen. »Alle Generationen müssen ihren fairen Anteil leisten«, sagte sie. »Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag.«

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