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Aus: Ausgabe vom 22.11.2025, Seite 2 / Inland
Tag gegen Gewalt an Frauen

Wie beeinflusst Krieg patriarchale Gewalt?

Gewalt gegen Frauen ist Teil der kapitalistischen Produktionsweise, sagt Klara H.
Interview: Linde Maier
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Frauenkampftag in Berlin (8.3.2025)

Am 24. November um 18 Uhr laden Sie zur revolutionären Vorabenddemo zum Tag gegen Gewalt an Frauen am Frankfurter Tor in Berlin ein. Woran sollen dieser Tag und die Demo erinnern?

Frauen auf der ganzen Welt erleben tagtäglich Gewalt, auf der Straße, zu Hause, im Netz. Wir kennen die Anspannung, wenn wir nachts allein den Heimweg antreten. Wir sehen, wie eine Frau in der Bahn in unseren Blicken nach Schutz sucht, weil ein Mann sie fixiert. Wir kennen die Geschichten, wie Frauen im Club gespiked (heimliches Injizieren von Drogen, jW) werden. Wie eine fremde Hand plötzlich unseren unteren Rücken berührt. Wie unsere Schwestern im Kriegsgebiet berichteten, dass Soldaten sie vergewaltigten. Wir kennen Ohnmacht, Erstarrung, die Atemnot nach solchen Momenten. Wir sehen die Schlagzeilen über einen weiteren brutalen Femizid. Immer wieder. Und wir erleben, wie uns und anderen Betroffenen nicht geglaubt wird. Deswegen organisieren wir unseren eigenen Schutz, unsere eigene Offensive gegen Gewalt und Krieg. Wir lassen uns nicht weiter einschüchtern und kleinmachen.

Sie setzen in Ihrem Demoaufruf einen Fokus auf die Verknüpfung von Krieg und patriarchaler Gewalt. Wie beeinflusst Krieg patriarchale Gewalt?

In Zeiten von Krieg und Krise wird Gewalt gegen Frauen zur taktischen Ressource. Ob im Sudan, wo RSF-Milizen Vergewaltigungen systematisch nutzen und letztes Jahr 130 Frauen Massensuizid begangen haben, um dem aus dem Weg zu gehen; oder in Palästina, wo gezielt Krankenhäuser von den IDF angegriffen wurden und schwangere Frauen in Trümmern Kinder zur Welt bringen mussten: Überall zeigt sich dieselbe Logik. Patriarchale Gewalt wird im Dienst imperialistischer Interessen verschärft.

Sie bewerten patriarchale Gewalt als Folge bzw. Begleiterscheinung kapitalistischer Funktionsweisen. Warum ist Ihnen diese Betonung wichtig?

Weil patriarchale Gewalt nicht im luftleeren Raum entsteht, sondern Teil einer kapitalistischen Produktionsweise ist, die auf unbezahlte Reproduktionsarbeit angewiesen ist, um Arbeitskraft zu erhalten und Profite zu sichern. Der Kapitalismus in seiner jetzigen Form braucht uns als Lohnarbeiterinnen, also jene, die in Fabriken, Büros, Krankenhäusern oder Supermärkten schuften, während wir gleichzeitig den Großteil der unbezahlten Reproduktionsarbeit leisten müssen. Wir haben aufgrund dieser doppelten Ausbeutung nicht nur ein objektives Interesse an der Zerschlagung des Kapitalismus, sondern auch an der Überwindung des Patriarchats. Nur so stellen wir eine Gefahr für den Kapitalismus dar. Patriarchale Gewalt dient vor allem der Aufrechterhaltung des Systems: Sie soll uns klein halten, einschüchtern, isolieren, im Haus halten, damit wir als Frauen nicht zusammenkommen und gegen die kapitalistische Ordnung kämpfen.

Was fordern Sie auf der Demo?

Auf der Demo fordern wir ein klares Nein zu Krieg, Militarisierung und Genozid, sei es in Gaza, im Sudan oder anderswo auf der Welt. Wir stellen uns gegen die systematische Gewalt, die Frauen in allen Konflikten trifft, und gegen die ökonomischen und politischen Strukturen, die diese Gewalt ermöglichen. Wir bekämpfen nicht nur einzelne Täter, sondern die Strukturen, die Gewalt und Unterdrückung ermöglichen: den Kapitalismus, imperialistische Machtinteressen und militärische Kontrolle.

Wie können Frauen gegen patriarchale Gewalt sonst aktiv werden?

Organisiert euch. In einer Gesellschaft, die davon lebt, dass wir uns als Frauen isolieren, in Konkurrenz setzen und einschüchtern lassen, ist unsere stärkste Waffe dagegen ein kollektives Eingreifen in das Geschehen. Wir sind keine passiven Zuschauerinnen, die für menschenverachtende Narrative instrumentalisiert werden. Wir sind die, die in den ersten Reihen stehen und sich wehren, wenn Unrecht geschieht.

Warum sind Männer bei der Demo unerwünscht?

Der 25. November ist ein Frauenkampftag, an dem sich Frauen und LGBTI+-Geschwister weltweit die Straßen zurücknehmen. Einen Ort, an dem wir sonst jeden Tag Gewalt erleben, fluten wir mit Frauensolidarität und Widerstand. Wir wollen selbstbestimmt als politische Subjekte unsere Forderungen an die Öffentlichkeit bringen und unsere Wut in kollektiven Widerstand übersetzen.

Klara H. ist aktiv bei der Berliner Ortsgruppe der internationalistischen Frauenorganisation Zora

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