Aufrüstung auf Pump
Von Kristian Stemmler
Die drei Oppositionsfraktionen im Bundestag waren sich am Freitag einig: Sie werden den Bundeshaushalt 2025, der am späten Donnerstag abend im Haushaltsausschuss abschließend bearbeitet worden war, im Parlament ablehnen. Nun braucht es nur noch Abweichler in den Reihen von Union oder SPD, um diesen Etatplan aufzuhalten. Solche traten am Freitag allerdings nicht in Erscheinung.
Die Haushälter von Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und AfD warfen der Bundesregierung vor, die wahre Kreditaufnahme zu verschleiern. Zu der im Kernhaushalt veranschlagten Neuverschuldung von 81,8 Milliarden Euro kämen noch rund 60 Milliarden Euro weiterer Kreditermächtigungen durch die sogenannten Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur hinzu. Der Linke-Finanzpolitiker Dietmar Bartsch bezeichnete dies als »finanzpolitischen Irrgarten«, der AfD-Haushälter Michael Espendiller sprach von »Wildwuchs«.
Für welchen Zweck die zusätzlichen Milliarden aufgenommen werden, stört allerdings nur die Partei Die Linke. Der Bund mache hohe Schulden, »um die größte Aufrüstung in der Geschichte der Bundesrepublik zu finanzieren«, erklärte Bartsch. Gleichzeitig würden Entwicklungs- und Krisenhilfe nahezu halbiert und Sozialkürzungen angekündigt. Der Haushalt sei »auf Unwahrheiten gebaut«, urteilte Bartsch. Der Entwurf sei »kein Motor für Wachstum und Wohlstand, sondern ein Freifahrtschein für die Rüstungsindustrie«.
Die Schlussberatungen zum Haushalt 2025 waren am Donnerstag in einer rund elfstündigen sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses beendet worden. Die Abgeordneten nahmen an dem Etatentwurf aus dem Haus von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) leichte Änderungen vor. Das Gesamtvolumen des diesjährigen Kernhaushalts liegt nun bei 502,5 Milliarden Euro – rund 460 Millionen Euro weniger, als im Haushaltsentwurf der Bundesregierung vorgesehen waren.
Die Neuverschuldung im Kernhaushalt soll wie geplant bei 81,8 Milliarden Euro liegen. Ein leichtes Plus im Vergleich zum Regierungsentwurf ergab sich bei den als Investitionen ausgewiesenen Staatsausgaben. Diese steigen um vier Millionen auf 62,73 Milliarden Euro. Keine Veränderungen gibt es bei den Steuereinnahmen, mit denen gerechnet wird. Sie sind weiterhin mit 386,84 Milliarden Euro angesetzt. Beschlossen werden soll der Haushalt in der zweiten Septemberhälfte von der Regierungsmehrheit aus Union und SPD.
Grünen-Finanzpolitiker Sebastian Schäfer störte sich im Gegensatz zur Linke-Fraktion nicht an den Milliarden für die Aufrüstung. Er bemängelte lediglich, dass die Chancen, die das Sondervermögen biete, »sträflich ungenutzt« blieben. Der Etat setze »nicht die Impulse, die wir in dieser tiefen strukturellen Krise so dringend bräuchten«. Die Koalition nutze die – im Grundgesetz festgeschriebenen – Kreditermächtigungen, »um Löcher zu stopfen«. Als Beispiel nannte Schäfer, dass »Mittel für die Schiene einfach aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen verschoben« würden.
Ein Grund zur Freude ist für die Koalitionsvertreter, dass der Militärhaushalt im Zentrum der Finanzpläne von »Schwarz-Rot« steht. Von einem »Haushalt der Superlative« sprach der CDU-Haushaltsexperte Christian Haase am Freitag. Bis 2029 würden für den Posten »Landesverteidigung« rund 650 Milliarden Euro bereitgestellt. »Deutschland macht sich wieder wehrhaft«, freute sich Haase. Thorsten Rudolph (SPD) betonte, der Haushalt sei ein »Gamechanger, weil er Antworten auf die beiden großen Herausforderungen gibt: einmal die wirtschaftliche Lage und zum anderen die geopolitischen Herausforderungen«. Der Koalition gelinge es, Sicherheit, Wachstum und sozialen Zusammenhalt gemeinsam zu denken.
Die Grünen sowie Fachverbände warnten nach den Haushaltsberatungen vor Preissteigerungen für Bahnkunden. Die Grünen-Haushälterin Paula Piechotta erklärte gegenüber dpa, der Bundesregierung habe die »parlamentarische Kraft« für eine spürbare Trassenpreisförderung bei der Schiene gefehlt. Die Koalition provoziere spürbare Preissteigerungen für Bahnfahrer und Unternehmen, die ihre Güter auf der Schiene transportieren. Der Geschäftsführer der kapitalnahen »Allianz pro Schiene«, Dirk Flege, hielt es für »vollkommen unverständlich«, dass die Trassenpreisförderung nicht erhöht werde.
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