Kürzungen nicht empfohlen
Von Henning von Stoltzenberg
Etwas mehr als eine Woche nach dem ersten Durchgang der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen geht der Wahlkampf in den zahlreichen Kommunen, in denen am Sonntag eine Stichwahl ansteht, in die entscheidende Phase. Am 28. September wird in rund 150 Stichwahlen über die Besetzung von Bürgermeister-, Oberbürgermeister- und Landratsposten entschieden. Besondere Aufmerksamkeit ziehen die Stichwahlen in Dortmund, Duisburg, Gelsenkirchen und Köln auf sich.
Köln könnte im Falle eines Sieges der Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz erstmals von einem Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, die auf der Bundesebene zuletzt Federn lassen mussten, regiert werden. In der Stichwahl für den Oberbürgermeisterposten stehen sich die Grünen-Politikerin und der frühere Sportfunktionär Torsten Burmester (SPD) gegenüber. Die amtierende parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die bei ihrer Wahl 2015 von den Grünen, der CDU und der FDP unterstützt worden war, hatte nach zwei Amtsperioden auf eine neuerliche Kandidatur verzichtet.
Mit einiger Spannung wird auf die zweite Wahlrunde in Duisburg, Gelsenkirchen und Hagen geblickt. In allen drei Städten haben es AfD-Kandidaten in die Stichwahl geschafft. In Duisburg tritt der amtierende OB Sören Link (SPD) gegen den Zweitplatzierten Carsten Groß von der AfD an. Der wegen seiner Äußerungen gegen Zugewanderte aus Rumänien und Bulgarien vielfach kritisierte SPDler war im ersten Wahlgang auf 46 Prozent gekommen, Groß auf knapp 20 Prozent.
In Gelsenkirchen stehen sich SPD-Kandidatin Andrea Henze und AfD-Bewerber Norbert Emmerich gegenüber. In Hagen können die Wähler zwischen Dennis Rehbein (CDU) und Michael Eiche (AfD) entscheiden. SPD und CDU haben öffentlich angekündigt, sich bei Stichwahlen wechselseitig zu unterstützen, um AfD-Siege zu verhindern. Die Frage ist allerdings, ob die CDU-Wähler da in jedem Fall mitziehen und nicht doch die AfD unterstützen. Stichwahlen um das Amt des Oberbürgermeisters gibt es am Sonntag landesweit in 21 der 23 kreisfreien Städte, in 15 von 31 Kreisen finden Stichwahlen um Landratsämter statt. Außerdem wird noch in mehr als 100 kreisangehörigen Städten im zweiten Wahlgang ein Bürgermeister gewählt.
Die CDU hatte die Wahlen zu den Räten der kreisfreien Städte und den Kreistagen trotz eines leichten Rückgangs um einen Prozentpunkt mit 33,3 Prozent im landesweiten Schnitt klar gewonnen. Die Sozialdemokraten verloren 2,2 Prozentpunkte und kamen laut vorläufigem Landesergebnis auf 22,1 Prozent – weit weg von alten Höchstwerten, aber doch auch nicht der Absturz, den viele in der Partei befürchtet hatten. Drittstärkste Kraft in den Kommunen wurde die AfD, die ihr Ergebnis mit 14,5 Prozent fast verdreifachte. Die Grünen erlitten deutliche Einbußen von 6,5 Prozentpunkten und erreichten 13,5 Prozent. Die Linke kam auf 5,6 Prozent und blieb damit recht deutlich unter dem NRW-Ergebnis bei der Bundestagswahl im Februar (8,6 Prozent).
Bei einigen Stichwahlen könnte Die Linke das Zünglein an der Waage sein. Hier gibt es in den verschiedenen Kommunen unterschiedliche Herangehensweisen. So gab die Partei im Kreis Wesel am Niederrhein eine Wahlempfehlung für SPD-Landratskandidat Peter Paic ab. Nach Überzeugung der Linken ist es CDU-Landrat Brohl nicht gelungen, mit der bisherigen schwarz-grünen Kreistagsmehrheit die Menschen im Kreis zu überzeugen. Daher müsse es jetzt darum gehen, einen progressiven Kandidaten zu unterstützen, hieß es in einem Statement. In Bonn ruft die Partei dazu auf, gegen den OB-Kandidaten der CDU, Guido Déus, wählen zu gehen. Déus und die CDU stünden für Kürzungen und für eine Politik gegen Teilhabe, Vielfalt und Respekt. Damit wird mehr oder weniger indirekt die seit 2020 amtierende Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) unterstützt.
Die Linke Liste in Oberhausen hingegen gibt explizit keine Wahlempfehlung ab und kritisiert die Kürzungspolitik im sozialen Bereich. »Die CDU in Oberhausen und der amtierende Bürgermeister machen natürlich Politik vor allem für die Investoren«, erklärte Yusuf Karaçelik, Linke-Liste-Fraktionsvorsitzender, im Gespräch mit dieser Zeitung.
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