Ein Schritt vor in DR Kongo
Von Christian Selz, Kapstadt
Vertreter der Regierung der Demokratischen Republik (DR) Kongo und der vom Nachbarland Ruanda gesteuerten Rebellenmiliz »M 23« haben sich auf ein Rahmenabkommen für einen Friedensprozess geeinigt. Das am Sonnabend in der katarischen Hauptstadt unterzeichnete »Doha-Rahmenwerk für ein umfassendes Friedensabkommen« soll die Basis für weitere Verhandlungsrunden und schließlich eine Befriedung des Kriegs im rohstoffreichen Osten der DR Kongo bilden. Die Übereinkunft vermittelt hatten neben der Golfmonarchie auch die USA, die Zugang zu den Bodenschätzen der Region erhalten wollen. Vor dem Hintergrund zahlreicher vorheriger Friedensinitiativen und Abkommen, die allesamt gescheitert sind, liegt eine gewisse Skepsis allerdings nahe.
Massad Boulos, Sondergesandter für Afrika von US-Präsident Donald Trump und zugleich Schwiegervater von dessen Tochter, sprach von einem »Startpunkt«, der mit Abschluss des Rahmenabkommens gesetzt worden sei. Das ist einerseits das offensichtliche Eingeständnis, dass der von seinem Chef und Verwandten im Weißen Haus schon mehrfach behauptete Frieden im Osten des Kongo bisher maximal ein frommer Wunsch war. Andererseits offenbart Boulos nun aber einen Realismus, der tatsächlich hilfreich sein könnte. »Ja, manche Leute hatten wahrscheinlich unmittelbare Ergebnisse vor Ort erwartet, aber es ist ein Prozess«, erklärte Trumps Unterhändler vor Journalisten in Doha und fügte hinzu: »Das ist kein Lichtschalter, den man einfach ein- und ausschaltet.«
Vorsichtig optimistisch äußerte sich auch die kongolesische Regierung, die in einer Stellungnahme erklärte, das Abkommen ziele darauf ab, »schnellstmöglich die Bedingungen für reale und messbare Veränderungen für die Menschen zu schaffen«. Wie schwierig der weitere Weg noch werden dürfte, lässt sich allerdings auch an der Stellungnahme erkennen, die »M 23«-Delegationsleiter Benjamin Mbonimpa über die US-Hassschleuder X verbreitete: »Es wird weder irgendeine Veränderung der Situation vor Ort noch irgendeine Aktivität geben, ehe die Maßnahme, jede einzeln, debattiert, verhandelt und diskutiert werden und ein finales Friedensabkommen erreicht wird.«
Angesichts dessen, dass beide Seiten bereits im Juli eine erste Vereinbarung getroffen hatten, ohne anschließend zu weiteren Schritten auf dem Weg zur Befriedung des Konflikts zu kommen, ist kaum anzunehmen, dass die »M 23«-Besatzer eine ähnliche Dringlichkeit wie die Regierung in Kinshasa sehen. Wie aus einem Bericht der UN-nahen Nachrichtenseite The New Humanitarian vom Dienstag hervorgeht, hat die Proxymiliz Ruandas im Osten des Kongo inzwischen einen Sicherheitsstaat aufgebaut, der bereits Steuern erhebt, aber kaum etwas für die Lokalbevölkerung tut. Statt dessen komme es immer wieder zu Massenverhaftungen und mutmaßlich zwangsweisen – und damit völkerrechtswidrigen – Deportationen von Zivilisten nach Ruanda. Betroffen sind demnach vor allem Angehörige der Hutu, die Kigali verdächtigt, eine Miliz zu unterstützen, die vor 31 Jahren für den Völkermord an Angehörigen der Tutsi in Ruanda verantwortlich war. Die Verfolgung jener FDLR als Akt des Selbstschutzes zieht die Regierung in Kigali als offiziellen Grund für den Einmarsch ihrer regulären Truppen in der DR Kongo heran. Eine Verbindung zur »M 23« hat das Regime von Staatschef Paul Kagame bisher allerdings abgestritten, obwohl UN-Expertengruppen deren Steuerung durch Kigali bereits mehrfach belegt haben.
Dass sich die Regierung der DR Kongo darauf einlässt, mit der »M 23« anstatt mit deren Befehlsgebern in Ruanda zu verhandeln, ist bereits ein erstes Eingeständnis, das sicherlich der militärischen Überlegenheit der hochgerüsteten Miliz geschuldet ist. Leichter werden die Friedensgespräche dadurch aber offensichtlich nicht. Bisher haben sich die Parteien erst in zwei von acht in dem Rahmenwerk abgesteckten Themenfeldern einigen können – zum geplanten Austausch von Gefangenen sowie darauf, dass eine gemeinsame Institution unter Beteiligung regionaler Akteure die Einhaltung eines Friedensabkommens überwachen soll, sobald es denn eines gibt. Die verbleibenden sechs Themenfelder – darunter auch der bedeutende Punkt der Wiederherstellung staatlicher Souveränität – sollen nach Angaben der kongolesischen Regierung in den kommenden zwei Wochen verhandelt werden. Eine Einhaltung des Zeitplans käme jedoch überraschend.
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