Hasina soll es an den Kragen
Von Satyajeet Malik
Todesstrafe für die ehemalige Premierministerin wegen Verbrechen gegen die Menschheit: Das sogenannte Internationale Strafgericht von Bangladesch, ein Sondertribunal, hat Sheikh Hasina am Montag verurteilt. Sie habe bei den Antiregierungsprotesten im Juli vergangenen Jahres, die sie nach 15 Jahren zum Rücktritt und zur Flucht ins Exil nach Indien zwangen, Gewalt gegen Demonstranten zugelassen. Laut eines Berichts der UNO wurden bei der Niederschlagung bis zu 1.400 Menschen getötet. Nach monatelangem Prozess wurde Hasina nun in drei Punkten für schuldig befunden: Anstiftung, Anordnung zu töten und Untätigkeit zur Verhinderung der Greueltaten.
Bei der Verkündung des Urteils erklärte das Gericht, die Niederschlagung der von Studenten angeführten Proteste sei »gegen die Zivilbevölkerung gerichtet« gewesen und habe sich weitläufig und systematisch vollzogen. »Sheikh Hasina befahl den Strafverfolgungsbehörden, Drohnen einzusetzen, um versammelte Demonstranten zu lokalisieren, sowie Hubschrauber und letale Waffen, um sie zu töten«, erklärte das Gericht. Bei der Verlesung des Urteils erklärte Richter Golam Mortuza Mozumder: »Wir haben beschlossen, ihr nur eine Strafe aufzuerlegen, nämlich die Todesstrafe.« Neben Hasina wurde auch der ehemalige Innenminister Asaduzzaman Khan, der sich ebenfalls im indischen Exil befindet, zum Tode verurteilt. Der ehemalige Polizeichef Al-Mamun, der sich gestellt hatte und als Staatszeuge auftrat, wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Laut Hasina sei das Urteil »politisch motiviert«. Sie sei stolz auf die Menschenrechtsbilanz ihrer Regierung. Hasina erklärte weiter, sie habe »keine Angst«, sich ihren »Anklägern vor einem ordentlichen Gericht zu stellen, wo die Beweise fair überprüft werden können«. Die Übergangsregierung in Bangladesch hingegen bezeichnete das Urteil als »historisch« und »tiefgreifend«, rief jedoch zur Ruhe auf. Schon in den Tagen vor der Bekanntgabe des Richterspruchs war es zu Protesten von Anhängern und Gegnern Hasinas gekommen. Ihr Sohn hatte davor gewarnt, dass es zu Gewalt kommen würde, wenn die Awami-Liga – die Partei seiner Mutter – nicht zu den voraussichtlich im Februar stattfindenden Wahlen zugelassen wird. Gewalt wandte am Montag die Polizei an, als sie mit Schlagstöcken und Schallgranaten gegen die Demonstranten beider Seiten vorging.
Die Verurteilten haben nun 30 Tage Zeit, um beim Obersten Gerichtshof des Landes Einspruch einzulegen, was jedoch nicht aus dem Ausland geschehen kann. Sie müssten zunächst nach Bangladesch zurückkehren und sich stellen. Das Außenministerium hat in einer Erklärung bereits die indische Regierung aufgefordert, beide Verurteilte an die Behörden Bangladeschs zu übergeben. Laut dem 2013 zwischen beiden Ländern unterzeichneten bilateralen Auslieferungsabkommen sei dies für Neu-Delhi verpflichtend.
Indien versicherte, dass es »konstruktiv mit allen Beteiligten zusammenarbeiten« werde. Eine Auslieferung ist jedoch unwahrscheinlich, da die ehemalige Regierungschefin seit langem enge Beziehungen zum indischen Establishment unterhält. Darüber hinaus bietet das Abkommen Indien einen erheblichen Spielraum. So kann es beispielsweise gemäß Artikel 8 die Auslieferung ablehnen, wenn es diese als »ungerecht oder unterdrückerisch« erachtet. Artikel 6 besagt, dass eine Auslieferung abgelehnt werden kann, wenn die Straftat »politischer Natur« ist.
Andererseits ist Indien bestrebt, die Beziehungen zu seinem südasiatischen Nachbarn zu verbessern, die durch Hasinas Aufenthalt im Land angespannt sind. So hatten beide im April gegenseitig Handelsbeschränkungen eingeführt. Im Oktober kündigte die Übergangsregierung in Bangladesch zudem an, zehn bilaterale Abkommen über den Ausbau der Verkehrs-, Wasser- und Energieinfrastruktur zu kündigen, die während Hasinas Regierungszeit mit Indien unterzeichnet worden waren. Darüber hinaus hat die neue Regierung engere Wirtschafts- und Verteidigungsbeziehungen zu China aufgebaut, was die Isolation Indiens in der Region noch verstärkt.
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