Das 19. Sanktionspaket
Von Jörg Kronauer
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich zu Beginn ihres Gipfeltreffens am gestrigen Donnerstag auf neue Russland-Sanktionen geeinigt. Das inzwischen 19. Sanktionspaket sieht unter anderem ein vollständiges Importverbot für russisches Flüssigerdgas ab 2027 vor, ein Jahr früher als ursprünglich geplant. Zudem werden neue Restriktionen auf dem Finanzsektor sowie neue Exportverbote verhängt und weitere Tankschiffe mit Zwangsmaßnahmen belegt. Ungewöhnlich ist, dass russische Diplomaten betroffen sind; sie müssen Reisen innerhalb der EU künftig vorab melden. Zudem verhängt Brüssel Sanktionen gegen Firmen aus China und aus Indien, die sich den Beschlüssen widersetzen und am Handel mit Russland festhalten.
Keine Einigung konnte bis jW-Redaktionsschluss über den Plan der EU-Kommission erzielt werden, die russischen Auslandsguthaben in Europa zur Finanzierung von Waffenlieferungen an die Ukraine zu nutzen. Belgiens Ministerpräsident Bart De Wever, in dessen Land der Großteil der Gelder liegt, hat sich zuletzt dem Ansinnen widersetzt: Er fürchtet, bei der zu erwartenden russischen Klage gegen den faktischen Diebstahl russischen Vermögens werde Belgien allein die Folgen zu tragen haben. Anlässlich der Debatte gab die EU bekannt, die Mittel, die sie und die Mitgliedstaaten bislang für die Unterstützung der Ukraine aufgewendet hätten, beliefen sich inzwischen auf 177,5 Milliarden Euro.
Bereits vorab war bekannt geworden, dass der EU-Gipfel die Kommission ermächtigen wollte, gegen Chinas Exportkontrollen auf seltene Erden und zuletzt auch Nexperia-Chips, mit denen Beijing auf westliche Wirtschaftsaggressionen reagiert, mit neuen Repressalien vorzugehen, also den Wirtschaftskrieg stärker zu eskalieren. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte vor dem Gipfel geäußert, die EU befinde sich ökonomisch »zur Zeit in der Defensive«: »Da müssen wir wieder raus«. Zudem hatte er die Entscheidung des EU-Parlaments vom Mittwoch, einer Aufweichung des Lieferkettengesetzes nicht zuzustimmen, als »inakzeptabel« bezeichnet und verlangt, die demokratisch gewählte Vertretung müsse diese rasch revidieren. Beschlüsse wurden auf dem Gipfel noch zur Wettbewerbsfähigkeit der EU, zu bezahlbarem Wohnen und zu Gaza erwartet.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (24. Oktober 2025 um 13:06 Uhr)Insgesamt entsteht das Bild einer Union, die zwischen moralischem Anspruch und wirtschaftlicher Abhängigkeit zerrieben wird. Die Sanktionen mögen Russland kurzfristig schaden, sie treffen aber ebenso die europäische Industrie, die mit steigenden Energiepreisen und schwindender Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen hat. Selbst Bundeskanzler Merz räumt ein, dass sich die EU »ökonomisch in der Defensive« befindet – doch die nun beschlossenen Maßnahmen verstärken diese Lage eher, als sie zu verbessern. Anstatt die eigene Wirtschaft in eine Sanktionsspirale zu treiben, wäre eine strategische, langfristige Energiepolitik notwendig – eine, die auf Autarkie, Investitionen in Erneuerbare und diplomatische Lösungen setzt, statt auf symbolische Strafmaßnahmen, die Russland kaum schwächen, Europa aber zunehmend spalten.
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