Die letzte Kugel
Von Reinhard Lauterbach
Die EU ist dumm dran. Im vierten Kriegsjahr ist ein Sieg der Ukraine nicht wahrscheinlicher geworden, eher im Gegenteil. Und das Geld, die Ukraine finanziell flüssig und kaufkräftig für westliche Waffen, die es nicht mehr geschenkt gibt, zu halten, geht zu Ende. Zumal die USA unter Donald Trump nicht mehr mit den Dollar-Milliarden jonglieren, sondern sie lieber einkassieren wollen.
Da muss man kreativ werden, und das ist sie geworden. Die 2022 eingefrorenen Guthaben der russischen Notenbank, die bei dem belgischen Zahlungsdienstleister Euroclear liegen, sollen jetzt für die »Ukraine-Hilfe« mobilisiert werden. Unmittelbar in der Form, dass fällig gewordene EU-Staatsanleihen, die als anlagefähiges Geld auf einem belgischen Verrechnungskonto liegen – es geht um 140 Milliarden Euro, ungefähr die Hälfte der strittigen russischen Vermögenswerte in Belgien –, als Kredit an Kiew weitergereicht werden. Kiew kann den absehbar nicht zurückzahlen? Was soll’s, sagt die EU-Kommission: Russland werde ja sowieso Reparationen zahlen müssen, darauf sei dieses Geld ein Vorschuss. Dem US-Portal Politico sagte ein anonym bleibender EU-Diplomat allerdings, die Idee sei die »letzte Kugel« der EU.
Das kann man wohl sagen. Denn Kriegsentschädigungen zahlt der, der den Krieg verliert. Da wird also der Pelz des russischen Bären verteilt, bevor der erlegt ist und übrigens genausogut noch den Jäger fressen kann.
Wenn aber Russland den Krieg entgegen den Hoffnungen der Ukraine-Unterstützer doch noch gewinnt und auf Rückzahlung des eingezogenen Staatsvermögens klagt? Das kann doch eine von der Leyen nicht erschüttern: Alle eventuellen Gerichtsurteile, die die EU oder Belgien als Sitzland von Euroclear auffordern könnten, Russland in diesem Fall das voreilig an die Ukraine überwiesene Geld samt Zinsen zurückzuzahlen, seien in EU-Europa nicht vollstreckbar. Wie praktisch.
Die EU setzt also auf das Prinzip, dass Frechheit siegt. Jeder Investor, der auf die Idee käme, Erträge aus Vermögenswerten, um deren Eigentum er gerade mit jemandem prozessiert, als Sicherheit für einen neuen Kredit zu verpfänden, bekäme von seiner Bank im besten Falle ein höfliches »Nein, danke« zu hören. Vielleicht aber auch den Abbruch der Geschäftsbeziehung mitgeteilt. Finanziell ist das Manöver, auf russische Kosten die »letzte Kugel« an Ukraine-Hilfen zu mobilisieren, mit »dreist« noch zurückhaltend beschrieben. Politisch signalisiert es, dass die EU auf einen Dauerkonflikt mit Russland setzt, der selbst im Falle eines Friedensschlusses nicht zu Ende wäre. Das ist auch ein kaum je ausgesprochener Grund dafür, dass die EU-Spitze sich allen Versuchen selbst der USA, den ukrainischen Konflikt jetzt irgendwie beizulegen, so beharrlich widersetzt. Sie hat von einem Frieden viel zu verlieren: politisch als Möchtegerngroßmacht und – follow the money – auch finanziell.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Oliver S. aus Hundsbach (22. Oktober 2025 um 16:31 Uhr)Der Ukraine-Krieg ist von Anfang bis Ende ein Stellvertreterkrieg der Amerikaner gegen Russland. Dass die Amerikaner den Konflikt befrieden wollen, ist ein Märchen. Die Kosten und Risiken werden planmäßig nach Europa verlagert. Die Europäer tragen das finanzielle und sicherheitspolitische Risiko, das dieser Diebstahl birgt, und kaufen mit dem geklauten Geld US-amerikanische Waffen. Nord Stream wurde von wem gesprengt? Welches reale Eigeninteresse sollte Europa an einem Krieg gegen Russland haben? Und vor allem: Welche Vorteile? Muss man die Länder hier alle aufzählen, in denen mit Farbrevolutionen, Kampf gegen Drogen oder dem Besitz von Massenvernichtungsmitteln Blutbäder unter den dortigen Bevölkerungen verursacht wurden? Die EU-Politik-Elite agiert – Urban und Fico ausgenommen – allein im Sinne amerikanischer Interessen. Zu befürchten ist: Innerhalb der nächsten 5 (?) Jahre werden nicht nur Gelder, sondern u. a. auch deutsche Soldaten auf den Schlachtfeldern verheizt.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (22. Oktober 2025 um 12:51 Uhr)Die EU spielt mit dem Feuer – und das auf Russlands Kosten. Die EU gibt sich als großzügige Unterstützerin der Ukraine, doch in Wahrheit fehlen ihr die eigenen Mittel. Stattdessen plant sie, eingefrorene russische Gelder zu verwenden – ein riskantes Unterfangen, das in Belgien auf Widerstand stößt und das Vertrauen internationaler Investoren gefährden könnte. Zudem ist Russland der völkerrechtlich anerkannte Nachfolgerstaat der Sowjetunion. Die Weitergabe ehemaliger sowjetischer Militärbestände an die Ukraine ohne Zustimmung Russlands könnte gegen internationale Vereinbarungen verstoßen. Ein vergleichbares Beispiel ist die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen an die Ukraine: Dänemark und die Niederlande mussten die Zustimmung der USA einholen, da es sich um US-amerikanische Technologie handelt. Sollte Russland den Krieg gewinnen, könnte es rechtliche Schritte einleiten und Schadensersatz fordern. Die EU feiert ihr »letztes Pulver« als mutigen Schritt, doch in Wahrheit setzt sie auf ein gefährliches Spiel mit ungewissem Ausgang – politisch überheblich und finanziell riskant.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (21. Oktober 2025 um 20:46 Uhr)Entschlossene KämpferInnen heben die letzte Kugel für sich selber auf. Naja, Europa ist halt so.
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