Sanktionen treffen Serbien
Von Knut Mellenthin
Auch über Russland hinaus geraten Unternehmen zwischen die Fronten des Wirtschaftskriegs. Seit Anfang Oktober sanktionieren die USA das größte Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen für Erdöl in Serbien, die Naftna Industrija Srbije (NIS). Der ehemalige US-Präsident Joe Biden hatte die Maßnahmen in den letzten Tagen seiner Amtszeit auf den Weg gebracht. Unter seinem Nachfolger Donald Trump war der Vollzug jedoch mehrmals, zuletzt noch am Monatsersten, durch Ausnahmegenehmigungen (sogenannte Waivers) verschoben worden.
Die Maßnahmen richten sich nicht speziell gegen das osteuropäische Land, sondern sind Teil eines umfangreichen Pakets an Maßnahmen, die das US-Finanzministerium im Januar anordnete, um Russlands Ölproduktion und -export zu treffen. Der serbische Energiekonzern wird nun getroffen, weil zwei Töchter des russischen Unternehmens Gasprom eine Mehrheitsbeteiligung an der NIS besitzen, die 2008 für 400 Millionen Euro erworben wurde, als letztere in finanziellen Schwierigkeiten steckte. 30 Prozent der Aktien sind serbisches Staatseigentum. Das für die Anordnung von US-Sanktionen zuständige Office of Foreign Assets Control (OFAC) hatte Gasprom im Januar erfolglos 45 Tage Frist gesetzt, um aus der Mehrheitsbeteiligung auszusteigen.
Zu NIS gehören die einzige Raffinerie des Landes sowie ein Tankstellennetz mit etwa 400 Filialen, das auch in Rumänien, Bulgarien und Bosnien-Herzegowina präsent ist. Serbien ist ein Binnenland. Die Raffinerie in Pančevo, 20 Kilometer von Belgrad entfernt, wurde bisher über das benachbarte Kroatien mit Erdöl beliefert. Der kroatische Pipelinebetreiber Janaf besaß dafür eine Lizenz des OFAC, die bis zum 8. Oktober gültig war. Janaf bemüht sich nun, mit Unterstützung der Regierung Kroatiens, in Washington um eine Verlängerung der Lizenz. Bei der Entscheidung spielten »die Aktivitäten von NIS gegenüber den US-Behörden eine Schlüsselrolle«, heißt es in der entsprechenden Presseerklärung. Wahrscheinlich geht es um die Bereitschaft des serbischen Unternehmens, mehr Distanz gegenüber Gasprom und Moskau zu zeigen.
Serbien hat weit zurückreichende enge kulturelle, religiöse und politische Beziehungen zu Russland – auch wenn inzwischen ungefähr zwei Drittel der serbischen Exporte in die EU und nur knapp vier Prozent nach Russland gehen. Seit 2009 bemüht sich das Land um Aufnahme in die Union, 2012 bekam es den Status eines Beitrittskandidaten. Die Verhandlungen darüber gestalten sich allerdings außergewöhnlich mühsam und langwierig. Von 35 Themengruppen gelten nur zwei als abgeschlossen.
Bei ihrem Besuch in Belgrad am 15. Oktober mahnte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine schnellere Anpassung Serbiens an die EU an. Innenpolitisch müssten beschleunigt »Fortschritte bei der Rechtsstaatlichkeit, den Rahmenbedingungen für Wahlen und der Medienfreiheit« erreicht werden. Ebenso solle Serbien sich mit der Union »im Bereich der Außenpolitik stärker abstimmen, auch in bezug auf Sanktionen gegen Russland«.
»Ich begrüße, dass sie eine 61prozentige Angleichung an unsere Außenpolitik erreicht haben. Es muss jedoch noch mehr getan werden. Wir wollen auf Serbien als verlässlichen Partner zählen«, so die Kommissionspräsidentin. Serbien werde mit dem EU-Energiemarkt verbunden, im Gegenzug fordere man, »sich dem Mechanismus der EU für die gemeinsame Gasbeschaffung anzuschließen«. Bisher decken Industrie und Privathaushalte des Landes immer noch 80 Prozent ihres Bedarfs aus russischen Importen. Europa habe schon viel für Serbien getan, »und wir erwarten nun von Serbien das gleiche Engagement«, verlautbarte von der Leyen.
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