Drohnenvorfall zieht Kreise
Von Ina Sembdner
Nach der Verletzung des polnischen Luftraums durch mutmaßlich russische Drohnen befasst sich an diesem Freitag abend (MEZ) der UN-Sicherheitsrat mit dem Vorfall. Dies teilte die gegenwärtige südkoreanische Präsidentschaft des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen am Donnerstag in New York mit. Nach den jüngsten Angaben sind in Polen die Überreste von 16 unbemannten Drohnen an verschiedenen Orten des Landes gefunden worden. Die meisten davon in der Wojewodschaft Lublin, wie das Innenministerium mitteilte. Die polnischen Streitkräfte hatten insgesamt 19 Drohnen registriert, die Suche nach den übrigen drei dauere an, hieß es am Donnerstag. Die Staatsanwaltschaft in Lublin gab nach der Untersuchung der Trümmer bekannt, dass bei keiner der gefundenen Drohnen Sprengstoff gefunden wurde, wie unter anderem der polnische Sender TVN24 berichtete. Ungeachtet dessen vermeldete dpa am Donnerstag unter Berufung auf »NATO-Kreise«, dass ein versehentlicher Einflug nach Prüfung aus »Militärkreisen« unwahrscheinlich erscheine. Der Großteil der Drohnen oder möglicherweise sogar alle seien mit Sprengstoff bestückt gewesen, so die federführende deutsche Agentur weiter. Abgeschossen wurden die Flugobjekte demnach von polnischen und in Polen stationierten niederländischen Kampfjets.
Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte laut der Agentur TASS, dass russische Streitkräfte über Nacht einen Angriff auf ukrainische militärisch-industrielle Unternehmen in den westlichen Regionen Iwano-Frankiwsk, Chmelnizkij und Schitomir sowie in den Städten Winnizja und Lwiw durchgeführt hätten. Es sei nicht geplant gewesen, Einrichtungen in Polen anzugreifen. Von belarussischer Seite hieß es, dass Polen und Litauen über die Drohnen informiert worden seien, die sich in der Nacht ihrem Hoheitsgebiet genähert hätten. Generalstabschef Pawel Muraweiko erklärte laut der Agentur Belta: »Während die Russische Föderation und die Ukraine in dieser Nacht mit unbemannten Luftfahrzeugen Schläge austauschten, überwachten die Einsatzkräfte und die Luftabwehrsysteme der Republik Belarus ständig die unbemannten Luftfahrzeuge, die aufgrund elektronischer Störsignale von beiden Seiten vom Kurs abkamen.« Muraweiko betonte zudem, dass einige der verirrten Drohnen über dem Hoheitsgebiet des Landes zerstört worden seien. Und auch die polnische Seite habe Belarus über die Annäherung unbekannter Fluggeräte aus dem Gebiet der Ukraine in Richtung der Grenze informiert. Am Donnerstag legte Präsident Alexander Lukaschenko noch einmal nach: »Wir haben Polen sofort informiert. Rechtzeitig. Soweit es möglich war. Was haben wir als Ergebnis bekommen? Hören Sie, die sind wie Wilde. Sie schüren grundlos Spannungen. Ich vermute, sie wollen, dass wir angemessen darauf reagieren.«
Regiert haben bislang allerdings lediglich Polen und die Vertreter des Kriegsbündnisses: Nachdem Warschau Artikel 4 des NATO-Vertrags ausgerufen hat, laufen die darin vorgesehenen Konsultationen zur »Bedrohungslage«; bis zum 9. Dezember wird der Luftverkehr über dem Osten des Landes – außer für Militärmaschinen – deutlich eingeschränkt; die Grenze zu Belarus wird ab Donnerstag nacht aufgrund des Beginns des gemeinsamen russisch-belarussischen Manövers »Sapad 2025« geschlossen – allerdings auf unbestimmte Zeit, wie Innenminister Marcin Kierwiński am Donnerstag gegenüber dem Radiosender Tok FM betonte. Ein Schritt, den das Außenministerium in Minsk als »unbegründet und gegen einfache Leute gerichtet« bezeichnete. Zudem hat Warschau 40.000 Soldaten an seine Ostgrenze entsandt.
Die Gunst der Stunde nutzte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij. Er bot dem Kriegsbündnis ukrainische Expertise bei der Drohnenabwehr an und betonte, dass nur die Ukraine und Russland über günstigere Möglichkeiten verfügten, Flugobjekte ohne Einsatz teurer Raketen abzuschießen. Polens Premier Donald Tusk habe bereits zugestimmt, Militärvertreter zu diesem Thema in die Ukraine zu schicken, sagte Selenskij in Kiew. Parallel dazu wurde ein Abkommen zur Herstellung günstiger Abwehrdrohnen mit der britischen Regierung unterzeichnet, wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte. »Diese neue Partnerschaft ist ein Meilenstein, der britischen und ukrainischen Erfindergeist zusammenbringt, um modernste Verteidigungsdrohnentechnologie zur Abwehr russischer Aggressionen bereitzustellen«, sagte Premier Keir Starmer in einem zeitlich mehr als passenden Moment.
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