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Aus: Ausgabe vom 12.09.2025, Seite 2 / Inland
Bündnis Sahra Wagenknecht

»Für Waffen wird viel Geld verpulvert«

Im NRW-Kommunalwahlkampf setzt das BSW auf Friedenspolitik und Antimilitarismus. Ein Gespräch mit Günter Blocks
Interview: Max Ongsiek
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Gegen Rüstungswahn im NRW-Wahlkampf: Die Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (Herne, 4.8.2025)

Die Kommunalparlamente für 396 Städte und Gemeinden, 31 Kreistage sowie die (Ober-)Bürgermeister und Landräte werden am Sonntag in Nordrhein-Westfalen neu gewählt. Sie sind vom Bündnis Sahra Wagenknecht, BSW, als Spitzenkandidat zum Ruhrparlament aufgestellt worden. Was wird dort entschieden?

Die Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr, RVR, das sogenannte Ruhrparlament, ist die kommunalpolitische Interessenvertretung für 5,1 Millionen Bürger und entscheidet über Regionalplanung. Darüber hinaus ist der RVR, dem das Ruhrparlament beigeordnet ist, auch wirtschaftlich tätig und für die Öffentlichkeitsarbeit des Ruhrgebiets verantwortlich. Der RVR ist der größte Waldbesitzer in NRW und verfügt auch über zahlreiche Freizeitflächen. Regionalplanung heißt auch, dass grundlegende Entscheidungen über Flächennutzungen getroffen werden.

Was erhofft sich Ihre Partei dort mit Blick auf die Umsetzung Ihrer Friedenspolitik?

Insgesamt spielt Kommunalpolitik eine zentrale Rolle in der Friedenspolitik. Im Moment wird sehr viel Geld für Waffenlieferungen verpulvert – das fehlt den Kommunen dann für soziale Zwecke und für Bildung. Deswegen war die Kritik an den Rüstungsausgaben der BRD das Oberthema unseres Wahlkampfes. Auffällig ist außerdem, dass die Kommunen – ganz im Sinne des »Operationsplan Deutschland« der Bundeswehr – immer stärker in die zivil-militärische Kooperation einbezogen werden.

Das heißt?

Mittlerweile haben hier alle Bürger- und Oberbürgermeister Besuch von der Bundeswehr und Vertretern der Bundesregierung bekommen. Mit der ganz klaren Ansage: »Ihr habt eure Investitionen auch darauf auszurichten, dass in West-Ost-Richtung die Brücken und die Straßen breit und stabil genug sind, damit unsere Truppentransporte darüber fahren können.« Auch werden die Kommunen dazu aufgefordert, Krankenhäusern unterirdische Bestandteile anzugliedern oder Bunker zu bauen.

Was waren denn in Gesprächen mit potentiellen Wählern die brennenden Themen im Wahlkampf?

Die Themen Frieden und Bildung sind zentrale Themen am Infostand. Zudem sind die Ruhrgebietsstädte derart pleite, dass wir in vielen Stadtvierteln löchrige Straßen und oftmals einsturzgefährdete Brücken haben. Überall in den Kommunen gibt es stinkende Schultoiletten, geschlossene Stadtteilbibliotheken und marode Lehrschwimmbecken. Darüber hinaus muss in der Stadt Essen zum Beispiel ein Mensch ohne deutsche Staatsangehörigkeit teilweise 13 Monate auf einen Termin warten, damit seine Aufenthaltsgenehmigung verlängert werden kann.

Wer ist denn Ihr politischer Hauptkonkurrent bei der Kommunalwahl?

Nüchtern betrachtet sind viele Kleinparteien Konkurrenten. Weil es bei der Kommunalwahl keine Fünfprozenthürde gibt, neigen viele Menschen dazu, ihre Stimme der Satirepartei Die PARTEI, Volt oder lokalen Kleingruppen zu geben. Der politische Hauptgegner sind aber die Kriegstreiberparteien.

Und die AfD im Ruhrgebiet?

Die Gefahr, dass in einzelnen Städten das Ruhrgebiet ziemlich blau wird, ist relativ groß. Das gilt insbesondere für Gelsenkirchen.

Ihr kommunales Wahlprogramm fordert ein »konsequentes Abschieben straffälliger Migranten«. Warum ist das dem BSW wichtig und welche rechtlichen Probleme ergeben sich?

Bei straffälligen Migranten geht es nicht um Menschen, die irgendwann einen kleinen Ladendiebstahl begangen haben, sondern um die, die eine dauerhafte Gefährdung darstellen. Nehmen wir den Messeranschlag in Solingen: Der Täter ist lebenslang verurteilt worden, mit anschließender Sicherungsverwahrung. Da bestünde aber die Möglichkeit, die Menschen in ihre Heimat abzuschieben, anstatt sie irgendwann wieder hier in Freiheit zu entlassen.

Eine aktuelle Umfrage prognostiziert Ihrer Partei ein Wahlergebnis von zwei Prozent. In welchen Städten und Kreisen rechnen Sie mit mehr?

Insgesamt rechnen wir mit zwei bis drei Prozent, da wir nur in 16 Kreisen und 16 Großstädten antreten. NRW hat aber 31 Kreise und 22 kreisfreie Städte. Im Einzugsbereich des Regionalverbandes Ruhr erreichten wir bei der Bundestagswahl 4,4 Prozent. Mit einem ähnlich guten Ergebnis werden wir auch im Ruhrparlament abschneiden. Eine weitere Hochburg ist Wuppertal.

Günter Blocks ist gewählter Landesgeschäftsführer des BSW NRW und Spitzenkandidat für das Ruhrparlament 2025

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