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Aus: Ausgabe vom 09.09.2025, Seite 2 / Inland
Kommunalwahl in Solingen

»Alles, was wir tun, muss strikt links sein«

NRW-Kommunalwahlen am 14. September: Solinger Linke will städtische Wohnungsgesellschaft und besseren ÖPNV. Ein Gespräch mit Felicia Angelini
Interview: Max Grigutsch, Solingen
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In Nordrhein-Westfalen stehen Kommunalwahlen an. Was ist das wichtigste Thema für die Solinger Linke in diesem Wahlkampf?

Wohnen ist unser großes Thema. Wir versuchen seit einer gefühlten Ewigkeit, eine städtische Wohnungsgesellschaft zu gründen. Solingen ist zwischen Großstädten gelegen. Die Leute pendeln nach Köln, Leverkusen, Düsseldorf oder Wuppertal, wo Wohnen mittlerweile teurer ist. Man sieht aber auch in Solingen-Ohligs und -Aufderhöhe, dass es immer teurer wird. Wir wollen eine kommunale Wohnungsgesellschaft gründen, damit wir neu bauen oder kaufen und renovieren können. Zudem könnten wir bei diesen Wohnungen Vorgaben machen, was etwa Barrierefreiheit oder Klimagerechtigkeit angeht. Und wir könnten einen Preis vorgeben. Die Gesellschaft soll keine Gewinne einfahren, sondern ausgeglichene Ein- und Ausgaben verbuchen. Wenn wir günstige Wohnungen anbieten, dann übt das Druck auf größere Vermietungsgesellschaften aus, auch ihre Mietpreise zu senken. Die Grünen würden da sogar mitgehen. Die großen Parteien lehnen das bisher ab.

Ein kommunalpolitischer Dauerbrenner ist der Nahverkehr. Von meiner Unterkunft habe ich sieben Minuten mit dem Auto hierhin gebraucht, mit dem Bus wären es 35 bis 40 gewesen.

Wir müssen den öffentlichen Nahverkehr besser finanzieren. Die Oberleitungsbusse müssen erhalten werden. Das ist super progressiv. Aber man muss die Strecken besser vernetzen. Im Stadtrat haben wir vor kurzem Dieselbussen zugestimmt, weil sonst gedroht hätte, dass einige Strecken komplett lahmgelegt werden. Arbeiter*innen und Schüler*innen haben schon genügend Probleme. Langfristig sollte der Nahverkehr kostenlos sein. Man muss ihn auf jeden Fall günstiger und nachhaltig machen.

Die Klingenstadt Solingen gilt als Zentrum der deutschen Schneidwarenindustrie. Prägt das die Arbeit in der Stadt noch heute?

Die Nachbargroßstädte haben inzwischen bessere Jobangebote, zum Beispiel Bayer in Leverkusen. In Solingen gibt es viel Gastronomie, Schulen, Kitas, das Klinikum. In diesen Bereichen gibt es viele Berufe mit schlechten Arbeitsbedingungen. Man muss mit den Mitarbeiter*innen und den Gewerkschaften sprechen. Ich komme aus der Pflege. Das ist ein superharter Job, der muss gut bezahlt werden. Es stand aber im Raum, das Klinikum zu privatisieren. Das wurde dadurch verhindert, dass man jetzt Servicekräfte aus externen Firmen beschäftigt. Es wurde also an den Beschäftigten gespart. Leute, die den gleichen Job machen, verdienen jetzt deutlich weniger. Da muss man sagen: ein Haus, ein Tarif. Am besten wäre es, das Klinikum wieder komplett in städtischer Hand zu führen.

Wie steht es um die Solinger AfD?

Ich schätze die als ziemlich gefährlich ein. Im Rat sind sie relativ still. Es wirkt, als würden sie beobachten. Es gibt wöchentlich eine AfD-Minidemo durch die Innenstadt, meist so drei bis fünf Leute. An großen Aktionen bekommt man aber nicht viel von denen mit und das bereitet mir Sorge, weil Rechte ja sonst immer die Klappe aufreißen. Und eine Genossin wurde Anfang des Jahres von Rechtsextremen am Hauptbahnhof angegriffen und verletzt. Das gibt einem zu denken.

Wie positioniert sich Ihr Kreisverband zu Palästina?

Es braucht eine Zweistaatenlösung. In Gaza werden schwere Kriegsverbrechen begangen. Deswegen solidarisieren wir uns mit Palästina, gehen auf Demos und versuchen, zu informieren. Für unsere Lokalpolitik spielt das keine große Rolle. Aber wir sprechen offen darüber.

Bei der Bundestagswahl im Februar hat die Bundes-Linke ein gutes Ergebnis erreicht und sich neu aufgestellt. Wie nimmt der Solinger Verband die Parteispitze in Berlin wahr?

Vor allem Heidi Reichinnek hat sehr zu dem starken Ergebnis beigetragen. Ines Schwerdtner macht ihren Job richtig gut. Zu Jan van Aken gibt es verschiedene Meinungen bei uns, gerade in Bezug auf Themen wie Palästina und Krieg. Ich persönlich stehe ihm eher positiv gegenüber, sehe aber auch Probleme.

Was erwarten Sie von der Wahl?

Wir hoffen, dass wir fünf bis sechs Plätze im Stadtrat bekommen (von 52, jW). Wir möchten Kompromisse eingehen, aber keine, die dazu führen, dass Bürger*innen Einbußen haben. Alles, was wir tun, muss immer strikt links und sozial sein. Wir werden keinen Projekten zustimmen, die den Konzernen in die Tasche spielen.

Felicia Angelini ist Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeisters für Die Linke Solingen

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