Büttner vom Brot nehmen
Von Niki Uhlmann
Antisemitismus ist sein Auftrag. Das legt zumindest die Berufsbezeichnung »Antisemitismusbeauftragter« nahe. In Brandenburg heißt er Andreas Büttner und ist Mitglied der Partei Die Linke. Nur scheinen Teile letzterer mit seinen Verdiensten unzufrieden zu sein und werfen ihm Verstöße gegen Parteibeschlüsse vor. Inzwischen wurde ein Parteiausschluss Büttners beantragt, über den aktuell befunden wird.
Büttner falle »in den sozialen Medien durchgehend mit Äußerungen bezüglich des Nahostkonflikts auf, in welchen er nicht nur eindeutig gegen geltende Parteibeschlüsse verstößt, sondern in seinen Argumentationen zum Teil auch das geltende Völkerrecht ignoriert«, heißt es im Ausschlussantrag, der dpa am Sonntag vorlag. Eingereicht hatten diesen neun Genossen aus Brandenburg, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schon im Mai bei der Landesschiedskommission Brandenburg. Die Linke stelle sich mit ihrem Parteiprogramm »klar und unwiderruflich an die Seite unterdrückter Völker«, argumentieren sie. Die Entscheidung steht aus.
Tatsächlich fällt Büttner immer wieder mit Parolen auf, die nur schwerlich der Linken zugeordnet werden können. »Die Anerkennung eines Staates Palästina wäre der falscheste Schritt, den man gehen könnte«, hieß es an einer Stelle, an einer anderen: »Israel wurde überfallen, hat den Golan erobert, anschließend annektiert – Ende der Geschichte. Der Golan gehört zu Israel.« Die Antragsteller monieren zudem, dass Büttner das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) verunglimpft habe.
»Die Beschlüsse der Partei binden den Parteivorstand, aber nicht jedes einzelne Mitglied«, sagte Büttner am Sonnabend dem Tagesspiegel – und deutete damit an, dass er sich an bestimmte Beschlüsse seiner Partei nicht gebunden fühlt. »Es geht nicht darum, ob meine Äußerungen inhaltlich richtig oder falsch sind«, wischte er die vorgetragene Kritik beiseite und behauptete, dass seine »Öffentlichkeit als Bedrohung empfunden« werde: »Das Ganze ist ein Versuch, Debatten zu unterbinden.« Von Menschen, die er »schon länger kenne«, erfahre er innerparteilich aber auch Solidarität. Daraufhin schoss er gegen den Bundesvorsitzenden Jan van Aken, der Israels Regierung jüngst als »Hungermörder« bezeichnet hatte.
Büttner wirkt im Interview abermals versessen darauf, eine Debatte über »Judenhass, der als ›Antizionismus‹ daherkommt«, zu führen. Als Beispiel zog er die Forderung nach einer Einstaatenlösung heran. Dabei entging ihm freilich die Ironie, dass einer Zweistaatenlösung die Anerkennung Palästinas vorausgesetzt wäre, gegen die er einst gewettert hatte. Das Kabinett Benjamin Netanjahus sei aber »nicht die Regierung, die Israel verdient«, gestand er zu. Politisch stünde er unter anderem Jair Lapid näher. Dieser hatte noch 2010 gefordert, die Golanhöhen wieder an Syrien abzutreten – noch so eine geschichtsvergessene Ironie. Rechts der Linken wäre Büttner allemal besser aufgehoben, zumal er klarstellt, dass er »mit Klassenkampfrhetorik« eher »weniger anfangen« könne.
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