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Aus: Ausgabe vom 23.07.2025, Seite 4 / Inland
Militärisch-Industrielles Bündnis

Berlin greift nach Norwegens Rohstoffen

Regierungschefs unterschreiben Erklärung für engere Militär- und Handelskooperation
Von Fabian Linder
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Kündigen engere Zusammenarbeit an: Norwegens Premierminister Jonas Gahr Støre und Bundeskanzler Friedrich Merz

Die BRD und das Königreich Norwegen wollen ihre wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit stärken. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und dessen Gast Jonas Gahr Støre, Ministerpräsident Norwegens, haben dazu am Montag abend in Berlin eine entsprechende Erklärung unterzeichnet. Demnach soll als erste Stufe eines Freundschafts- und Beistandsvertrags durch die jeweiligen Verteidigungsministerien ein »Sicherheitspaket« vorbereitet werden: mehr Zusammenarbeit bei U-Booten und Raketen, gemeinsame Übungen, Patrouillen auf See, ferner eine noch engere NATO-Partnerschaft.

Diese militärische Schlagrichtung versuchte Merz gegenüber Journalisten mit »der russischen Bedrohung« zu rechtfertigen. In dem Erklärungspapier heißt es, die bisherige Kooperation zu See solle um eine »integrierte operative Partnerschaft im Nordatlantik und in der Nordsee« ergänzt werden. Dazu gehöre auch der »verstärkte Schutz kritischer Unterwasserinfrastruktur«, etwa Energie- und Kommunikationsverbindungen. In den vergangenen Jahren arbeiteten beide Länder immer wieder an einer solchen Initiative und einer verstärkten Rolle der NATO beim Schutz dieser Unterseeverbindungen. Darüber hinaus sollte die Entwicklung von »Weltraumfähigkeiten« vertieft werden. Merz zufolge leiste Norwegen einen Schlüsselbeitrag zu einem »unabhängigen europäischen Zugang zum Weltraum«.

Die verstärkte militärische Kooperation beinhaltet auch die Unterstützung der Ukraine durch Norwegen und die BRD. Støre signalisierte nach seinem Berlin-Besuch die Bereitschaft seiner Regierung, einen beträchtlichen finanziellen Beitrag für eine Stärkung der ukrainischen Flugabwehr zu leisten. Geplant sei eine Abgabe von zwei »Patriot«-Systemen aus Kontingenten der Bundeswehr an das ukrainische Militär. Später solle die BRD Ersatz aus den USA einkaufen. Merz zeigte sich angesichts der norwegischen Bereitschaft, sich finanziell zu beteiligen, »sehr dankbar«.

Beiden NATO-Mitgliedern gehe es um eine Ausweitung ihrer bisherigen wirtschaftlichen und industriellen Partnerschaft. Norwegen sei mit über 50 Prozent der deutschen Erdgasimporte bereits jetzt größter Gaslieferant der BRD. Daher lägen laut der gemeinsamen Erklärung weitere wichtige Kooperationsmöglichkeiten in den Bereichen der Abkehr von fossilen Energieträgern (»Dekarbonisierung«) und des Klimaschutzes.

Norwegen bietet mit der CCS-Technologie zur Aufbewahrung von abgeschiedenem Kohlenstoff Deutschland an, das in der Industrie anfallende Treibhausgas CO2 unterirdisch in der Nordsee zu speichern. Ebenfalls genannt wird in der gemeinsamen Erklärung, wie hiesige Kapitalisten Zugriff auf strategische Ressourcen erhalten könnten, über die Norwegen reichlich verfügt. Darunter fallen nicht nur wichtige Mineralien wie Eisenerz, Kupfer, Titan und dergleichen, sondern ebenfalls riesige Vorkommen sogenannter seltener Erden. Noch sind die EU-Staaten von Importen aus der zum »systemischen Gegner« erklärten Volksrepublik China abhängig.

Die deutschen Bemühungen um eine stärkere Anbindung des NATO-Partners Norwegen, der jedoch kein EU-Mitglied ist, lassen die von Merz angestrebte Führungsrolle der BRD innerhalb der EU erkennen. Deutschland betrachte Norwegen als zentralen Sicherheitspartner des Staatenbundes, heißt es in der Erklärung vom Montag. Bereits im Mai 2024 schlossen die EU und Norwegen eine Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaft ab.

Erst im April dieses Jahres verwies der norwegische Premierminister bei einer Pressekonferenz mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) auf den gegenseitigen Nutzen, wenn es etwa um einen möglichen Handelskrieg mit China oder den USA gehe sowie um eine befürchtete Konfrontation mit Russland. Der Öl- und Mineralienreichtum der nordischen Länder treffe auf die Sicherheitsgarantien der EU, während 70 Prozent der norwegischen Exporte in die EU fließen.

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