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Aus: Ausgabe vom 11.12.2025, Seite 2 / Ansichten

Sie reden zu viel

Donald Trump im Interview bei Politico
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Donalds Duckface

Manchmal braucht es einen Trottel, Vernunft durchzusetzen. Mithin im Fall eines Kriegs, der zahlreiche Leben kostet und ohne territoriale Kompromisse nicht beendet werden kann. Der Trottel sagt über sich: »Ich gelte ja als sehr kluger Mensch.« Die in Communis opinio verpackte Selbstauskunft gab Trump am Montag bei der US-Zeitung Politco. Was immer gegen ihn spricht, er fällt nicht in die geläufigen Muster. Ein grenzenloser Narzissmus und pragmatischer Geschäftssinn scheinen ihn immun zu machen gegen zumindest einige Mechanismen des politischen Betriebs. Persönlicher Spleen löscht politischen aus.

Der Geschäftsmann glaubt, Krieg sei schlecht für die Rendite. Zugleich betont er, dass keine Menschen sterben sollen. Im Gegensatz zu anderen NATO-Vertretern schaut er nüchternen Blicks auf die Verhandlungssituation in der Ukraine. Auf die Frage, welche Kriegspartei in der stärkeren Position sei, sagt er: »Russland«. Es geht ihm nicht um richtig oder falsch. »Wissen Sie, irgendwann setzt sich Größe in der Regel durch.« Europäische Natologen würden das »zynisch« nennen, es ist vielmehr Pragmatismus, der Leben retten kann. Die ukrainischen Politiker sollen begreifen, dass »sie mitspielen müssen«. Sie, die nicht in der Position sind, Maximalforderungen zu stellen. Und Selenskij? Er muss lernen, »Dinge zu akzeptieren«. Den Konsens der europäischen NATO-Mächte, die Ukraine zu unterstützen, »bis sie diesen Krieg gewinnen kann«, kontert Trump: »bis sie umfällt«.

So beruhigt fast, dass Trump dann doch Trump bleibt. Neben latent rassistischer Kritik an der europäischen Migrationspolitik kommt er immer wieder auf sein Lieblingsthema, sich. Einmal mehr hat er acht Kriege beendet, wäre der Überfall auf die Ukraine mit ihm als Präsidenten nie passiert und ist er überhaupt ein ganz doller Hecht: »Ich habe Wissen. Ich habe ein gewaltiges Wissen.« Man erinnert sein »I know words, I know the best words«. Diese rhetorische Struktur, eine Art klimatischer Par­allelismus, durchzieht auch dieses Gespräch. Infantile Magie, die Sachverhalte durch Worte schaffen will, braucht ansteigende Bekräftigung. Erst, wenn er es noch mal sagt, wird es wahr. Über Europas Politiker sagt Trump: »Die aktuelle Truppe mag ich. Ich mag sie sehr. Und ich kenne sie sehr gut. Ich kenne sie wirklich sehr gut. (…) Europa macht in vielerlei Hinsicht keinen guten Job. Sie machen keinen guten Job.«

Als die Interviewerin sich räuspert, fällt ihr der Mann, der es hasst, wenn unnötige Worte gemacht werden, ins Wort: »Sie reden zu viel.« (fb)

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (11. Dezember 2025 um 10:54 Uhr)
    Im Interview mit Politico zeigt Trump eine harte Linie gegen Europa und die Ukraine: Er kritisiert europäische Führungen als zu diskursiv, drängt Selenskyj zu territorialen Zugeständnissen und schließt eine NATO-Perspektive für die Ukraine praktisch aus. Das ist politisch relevant, weil es eine klare Abweichung von bisherigen transatlantischen Positionen markiert. Weniger bedeutsam sind seine Selbstlobpreisungen, die vor allem seinen persönlichen Stil widerspiegeln.

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