Generäle übernehmen die Macht
Von Bernard Schmid
Die Straßen in Bissau, der Hauptstadt des gut zwei Millionen Einwohner zählenden westafrikanischen Staats Guinea-Bissau, waren am Mittwoch leer. Die Landesgrenzen und Flughäfen waren geschlossen, eine nächtliche Ausgangssperre war verhängt worden. In Bissau waren Reuters zufolge Schüsse zu hören. Zugleich übernahm ein »militärisches Oberkommando für die Wiederherstellung der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung« die Macht. Das Kommando geht aus der Armee hervor, die ihrerseits am Mittwoch verkündete, »die totale Kontrolle des Landes« übernommen zu haben. Für eine einjährige Übergangsperiode werden die Generäle den Staat regieren, teilte das Militär am Donnerstag mit.
Denis N’Canha – bislang Chef des »Militärbüros des Präsidentenamts« – hat sich an die Spitze des Putsches gestellt. N’Canha behauptet, die Geheimdienste hätten »ein Komplott zur Destabilisierung des Landes mit Hilfe der Drogenbarone« aufgedeckt, weshalb es notwendig geworden sei, zu handeln. Am Donnerstag ist er offiziell als Staatschef eingesetzt worden. Die Machtübernahme erfolgte wenige Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe der Wahlergebnisse vom Sonntag. An dem Tag fanden Präsidentschafts- ebenso wie Parlamentswahlen statt. Von letzteren war die derzeit stärkste Oppositionspartei, der sozialdemokratische »Partido Africano para a Independência da Guiné e Cabo Verde« (Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea und Kap Verde, PAIGC), ausgeschlossen worden. Das habe am Tag vor der Wahl der »illegal eingerichtete Oberste Gerichtshof« entschieden, heißt es in einer Stellungnahme der panafrikanischen sozialistischen Partei »All-African People’s Revolutionary Party« (AAPRP) vom Mittwoch.
Infolge der Präsidentschaftswahl hatten sowohl Amtsinhaber Umaro Sissoco Embaló von der zentristischen Partei »Madem G15« – er schrieb sich 65 Prozent der Wählerstimmen zu – als auch sein Herausforderer Fernando Dias da Costa den Wahlsieg für sich reklamiert. Der bisherige politische Außenseiter Dias da Costa von dem zentristischen »Partido da Renovação Social« (Partei der sozialen Erneuerung, PRC) sagte, er habe Präsident Embaló bereits im ersten Wahlgang besiegt. Nach ihrem Ausschluss hatte sich der PAIGC hinter die Kandidatur von Dias da Costa gestellt. Laut der Stellungnahme der AAPRP habe dieser 54 Prozent der Stimmen erhalten, Embaló 44 Prozent. Das gehe aus den offiziellen Berichten der regionalen Wahlkommissionen hervor.
Die weiteren Schritte der neuen Militärregierung, deren Name nicht unbedingt von progressiver Ideologie zeugt, bleiben abzuwarten. Der Expräsident Embaló, sein Innenminister wie auch die Oppositionspolitiker Dias da Costa und Domingos Simões Pereira (PAIGC) wurden verhaftet. Die Anführer des Putschs gaben an, Embaló sei festgesetzt worden und werde »gut behandelt«. Laut der panafrikanischen Partei AAPRP hätten jedoch die Militärs, die gegenüber Embaló loyal seien, in dem Moment geputscht, als die Wahlniederlage des Expräsidenten klar war. Es gehe darum, Embaló »an der Macht zu halten, indem er vorgibt, Opfer eines Militärputsches zu sein, den er selbst inszeniert hat«, heißt es in der Stellungnahme der AAPRP. »Ihre eigentliche Absicht ist es, die Ernennung von Fernando Dias da Costa und seinen PAIGC-Anhängern, den Gewinnern der Wahl vom Sonntag, zu verhindern«, so die sozialistische Partei.
Embaló, ein früherer Armeegeneral, war 2019 gewählt worden. Das Ergebnis war umstritten; Anfang 2020 wurde Parlamentspräsident Cipriano Cassamá (PAIGC) ebenfalls zum Staatschef – also Gegenpräsident – ausgerufen. Mit der Durchsetzung Embalós wurde erstmals seit der Unabhängigkeit von der damaligen Kolonialmacht Portugal 1974 die langjährige Regierungspartei PAIGC von der Macht ausgeschlossen. Der antikoloniale Widerstandsheld Amílcar Cabral – er wurde 1973 ermordet – hatte die PAIGC als marxistische Partei aufgebaut. Im Laufe der Jahrzehnte hat sie sich jedoch sukzessive der Sozialdemokratie zugewandt.
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