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Aus: Ausgabe vom 27.11.2025, Seite 5 / Inland
IWF zur deutschen Wirtschaft

IWF für strengere Diät

Internationaler Währungsfonds mit Deutschland zufrieden. Miniwachstum sei möglich. Mehr Strukturreformen und Einschnitte aber auch
Von Susanne Knütter
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Statt Steuergeschenken wie bei der Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie könnte man ja auch Vermögen besteuern

Da geht noch mehr, findet der Internationale Währungsfonds (IWF) und appellierte am Mittwoch an Deutschland, seine steigenden öffentlichen Ausgaben mit »wachstumsfördernden« Reformen zu flankieren. Der IWF plädierte etwa allgemein für mehr Digitalisierung, Anreize für Startups, mehr Innovationen sowie den Abbau von Bürokratie. Auf dem Arbeitsmarkt müssten Frauen, Ältere und Geflüchtete besser eingespannt werden. In den Medien besonders rezipiert wurde, was der IWF zum Rentenstreit innerhalb der Koalition zu sagen hatte: Rentenzahlungen sollten demnach künftig an die Inflation anstatt an das Lohnwachstum gekoppelt werden. Das würde den Anstieg der Renten dämmen. Außerdem sollten die Abzüge bei Frühverrentungen erhöht werden, »um Einsparungen zu generieren und gleichzeitig das Wachstum durch verbesserte Anreize für ein längeres Erwerbsleben anzukurbeln«.

Das Problem, das vor allem Rentner jetzt schon haben: Die Standardrente ist viel zu niedrig und müsste aus Sicht zum Beispiel der Linkspartei zunächst einmal ordentlich erhöht werden, ehe man darüber nachdenken kann, ihren Anstieg an die Inflationsentwicklung zu koppeln. So stiegen die Renten zwischen 2010 und 2020 zwar stärker als die Inflation, laut Die Linke, die sich mit dem Thema bereits im Frühjahr des vergangenen Jahres befasste, um 25 Prozent im Westen und um mehr als 37 Prozent im Osten. Dennoch ist sie wesentlich geringer als in Österreich, wo es bereits eine Kopplung der Rentenentwicklung an die Inflation gibt.

Fast unterging, was der IWF zur Besteuerung von Reichen sagte: er sprach sich für höhere Vermögensteuern aus. Schlupflöcher bei der Erbschaftssteuer zu schließen, wäre eine Möglichkeit, die zur Konsolidierung des Bundeshaushalts beitragen könnte. Ebenso »eine Erhöhung der Grundsteuer und der Alkoholsteuer, die beide in Deutschland relativ niedrig sind«, schreibt der IWF in seiner neuen Analyse zur deutschen Wirtschaft. Problem bei den beiden zuletzt genannten: Sie können problemlos auf Mieter und Konsumenten abgewälzt werden.

Der Weltwährungsfonds erstellt jährlich eine Analyse zur Lage der deutschen Wirtschaft. Sein Urteil in diesem Jahr: Die Reform der Schuldenbremse bietet Deutschland die Chance auf wieder höhere Wachstumsraten. Nach zwei Rezessionsjahren in Folge rechne der IWF in seinem Länderbericht für die BRD 2025 mit einem mageren Wachstum von 0,2 Prozent. Nächstes Jahr dürfte es rund ein Prozent sein, 2027 rund 1,5 Prozent. Für die BRD seien dies gute Werte, denn die hinkte anderen Industriestaaten in den vergangenen Jahren meist deutlich hinterher.

Die überfälligen Änderungen für mehr Investitionen in die Infrastruktur und die Aufrüstung der Bundeswehr seien weitreichend, teilte der IWF mit. Die Gelder müssten jetzt aber mit Bedacht eingesetzt werden, um die Produktivität der Wirtschaft zu erhöhen. Als kontraproduktiv bemängelte der Weltwährungshüter beispielsweise die Mehrwertsteuersenkung auf Speisen in Restaurants. Sie sei verzerrend, weil auf eine Einzelbranche bezogen, und kostspielig. Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten hält eine dauerhafte Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie aus anderen Gründen für nicht sinnvoll. Sie bezweifelt, dass dadurch die Speisen günstiger würden, und fordert vielmehr eine übergreifende Debatte über die soziale Lenkungswirkung und die daraus folgende Ausgestaltung. Denn ein Kita- und Schulessen sei in dieser Frage ja anders zu bewerten als ein Fünf-Gänge-Menü in einem Sternerestaurant.

Auch auf europäischer Ebene sieht der IWF noch Möglichkeiten der Deregulierung. Die Kapital- und Energiemärkte sollten noch stärker angeglichen werden. Von weniger Handelshemmnissen im europäischen Binnenmarkt würde die BRD profitieren. Denn die deutsche Exportindustrie setze immer noch die meisten Produkte in Europa ab.

Die zusätzlichen Schulden der schwarz-roten Koalition werden laut IWF 2027 zu einem Haushaltsdefizit von rund vier Prozent der Wirtschaftsleistung führen, mehr als in der EU eigentlich erlaubt, aber Dank Ausnahmen möglich ist. Der gesamte Schuldenberg wird dann bei rund 68 Prozent liegen, was im internationalen Vergleich mit führenden Industrienationen allerdings immer noch wenig ist.

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