Exempel an Militärs statuiert
Von Knut Mellenthin
Die Streitereien in Israel um die Versäumnisse, die dem Angriff des bewaffneten palästinensischen Widerstands am 7. Oktober 2023 vorausgingen, haben sich am Wochenende verschärft. In Tel Aviv protestierten am Sonnabend Tausende Menschen gegen die Weigerung der Regierung, einen staatlichen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Am Sonntag gab der Chef der israelischen Streitkräfte, Eyal Zamir, erste Strafmaßnahmen, darunter neben Rügen auch die Absetzung mehrerer hochrangiger Kommandeure, bekannt. Sie waren – wie etwa der frühere Chef des Militärgeheimdienstes Aharon Haliva – allerdings schon früher mehr oder weniger freiwillig zurückgetreten.
Am selben Tag beauftragte Verteidigungsminister Israel Katz den Inspektor seiner Regierungsbehörde, Jair Volansky, die im Auftrag der Armee von einem externen Ausschuss vorgelegten Berichte zum Ablauf der Ereignisse am 7. Oktober und zu seiner Vorgeschichte »gründlich zu überprüfen«. Innerhalb von 30 Tagen soll Volansky seine Empfehlungen abgeben, auf deren Grundlage Katz schnell über die Umbesetzung militärischer Führungspositionen entscheiden will. Die Anweisung des Ministers, Offiziere, die am 7. Oktober im Südkommando der Streitkräfte Dienst taten, von der Beförderung auszuschließen, »bleibt unverändert in Kraft«. Im südlichen Abschnitt der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen lag damals das Zentrum der Angriffe.
Das von Premierminister Benjamin Netanjahu geführte extrem rechte Kabinett hatte am 16. November beschlossen, statt eines von der Opposition geforderten und von einer großen Mehrheit der Bevölkerung befürworteten staatlichen Untersuchungsausschusses eine eigene Untersuchung durchzuführen. Wie die Mitglieder des dafür zu bildenden Gremiums ausgewählt werden sollen und was für ein Mandat es haben soll, steht noch nicht fest oder ist zumindest nicht für die Öffentlichkeit transparent.
An der Protestveranstaltung in Tel Aviv gegen dieses Vorgehen der Regierung nahmen fünf der wichtigsten Oppositionspolitiker teil. Darunter war Netanjahus nationalkonservativer Vorgänger Naftali Bennett. Der Expremier, der im März seine neue Partei »Bennett 2026« registriert hat, rangiert in allen Umfragen zu den Wahlen im nächsten Jahr als stärkster Konkurrent des Premierministers . Ebenfalls anwesend war der parlamentarische Oppositionsführer Jair Lapid, der Chef der liberalen Partei Jesch Atid (Es gibt eine Zukunft). Eine Gruppe von Demonstranten trug ein großes Transparent mit der Aufschrift »Gesucht: eine starke, geeinigte Opposition« und rief, gegen Netanjahu gerichtet: »Es ist Zeit, den Tyrannen zu stürzen.« Die Protestkundgebung war die zweite dieser Art. Als organisierende Gruppe fungiert der »Oktoberrat«, in dem Familienmitglieder von Menschen zusammenarbeiten, die am 7. Oktober 2023 oder in dessen Folge getötet wurden.
Die israelische Armee hatte im Auftrag des Generalstabs schon im Februar einen Untersuchungsbericht über die Fehleinschätzungen und Versäumnisse, die dazu führten, dass der Angriff anfänglich nur auf schwachen Widerstand stieß, zur Veröffentlichung freigegeben. Vor allem die Leitung des Militärgeheimdienstes habe versagt, war das Fazit des Berichts. Sie sei bis zum 7. Oktober davon ausgegangen, dass die Hamas im Gazastreifen keine ernsthafte Gefahr für Israel darstelle und an einem Krieg nicht interessiert sei. Zudem habe sie angenommen, dass das Tunnelsystem in hohem Ausmaß beschädigt sei und dass die hochentwickelte Technologie der Grenzbefestigungen jeden gefährlichen Vorstoß des palästinensischen Widerstands verhindern würde.
Inzwischen nehmen die Streitkräfte und die israelischen Nachrichtendienste an, dass die Hamas-Führung sich nach mehrjähriger Vorarbeit schon im April 2022 zu einer großen militärischen Operation entschlossen habe. Im September 2022 habe die Organisationen einen Bereitschaftszustand von 85 Prozent erreicht, und im Mai 2023 sei der Angriffszeitpunkt festgelegt worden. In der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober hätten die Streitkräfte fünf Anzeichen ungewöhnlicher Hamas-Aktivitäten bemerkt, aber seien zur falschen Einschätzung gekommen, dass diese nicht auf das unmittelbare Bevorstehen eines Großangriffs hindeuteten.
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