Straflosigkeit treibt Israel an
Von Karin Leukefeld
Haret Hreik ist ein dichtbewohnter Vorort im Süden Beiruts. Bei einem israelischen Beschuss zweier Wohnungen in einem Hochhaus in dem Bezirk sind am Sonntag fünf Personen getötet und mindestens 28 verletzt worden. Das teilte das libanesische Gesundheitsministerium mit. Es handelte sich um den fünften gezielten Angriff Israels auf die südlichen Vororte von Beirut, seitdem am 27. November 2024 eine Waffenruhe zwischen Libanon und Israel in Kraft getreten war.
Laut Hisbollah wurde der hochrangige Kommandeur Haitham Ali Al-Tabatabai (Sajid Abu Ali) durch den »hinterhältigen israelischen Anschlag« getötet. Mit ihm starben vier weitere Kämpfer der Hisbollah. Tabatabai hatte nach Auskunft der Organisation seit den frühen 1990er Jahren eine führende militärische Rolle gegen die israelischen Besatzungstruppen inne, die 1982 in die libanesische Hauptstadt Beirut einmarschiert waren. Die Invasion hatte zur Gründung der Hisbollah geführt. Unter dem Druck von zahlreichen Guerillaaktionen nach 1990 zogen sich die israelischen Truppen schließlich im Jahr 2000 aus dem Libanon zurück. Tabatabai hielt in diesen Jahren führende Positionen im Südlibanon und gehört zu den Mitbegründern der Hisbollah-Eliteeinheit Radwan.
Nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP war der gezielte Angriff vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu angeordnet worden. Angeblich sei Tabatabai »führend am Wiederaufbau und an der Wiederbewaffnung der Hisbollah« beteiligt gewesen. Ein Vertreter des Politischen Rates der Hisbollah sagte gegenüber dem katarischen Nachrichtensender Al-Dschasira, dass »alle Optionen auf dem Tisch« seien. Israel habe eine »rote Linie« überschritten, die Partei werde nun beraten, wie darauf reagiert werde. Er forderte die libanesische Regierung auf, die »nationale Sicherheit des Landes zu garantieren«.
Vermittelt worden war die Waffenruhe vom November 2024 von den USA und Frankreich, Israel hat der Vereinbarung nie offiziell zugestimmt. Nach US-amerikanischen und israelischen Angaben hat Washington der Regierung in Tel Aviv »grünes Licht« für Angriffe gegeben, sollte es sich vom Verhalten der Hisbollah bedroht sehen. Belege für seine Behauptungen, es werde bedroht, werden von Israel weder vorgelegt noch werden sie von den USA oder Frankreich, die die »Waffenruhe« angeblich überwachen sollen, eingefordert. Auch der UN-Sicherheitsrat schweigt trotz Hunderten von Beschwerden der libanesischen Regierung.
Die anhaltende Straflosigkeit ermuntert Israel täglich zu neuen Angriffen, extralegalen Hinrichtungen, Menschenrechtsverletzungen und Verwüstungen – nicht nur im Libanon. Mit anhaltenden Geld- und Waffenlieferungen aus den USA und Deutschland, dem zweitgrößten Waffenlieferanten an Israel, kann das Land seine täglichen Verbrechen gegen die Menschheit in den arabischen Nachbarstaaten fortsetzen.
Seit Inkrafttreten der »Waffenruhe« attackiert die israelische Luftwaffe fast täglich Gebiete im Südlibanon, in der Bekaa-Ebene, Nabatija, Sidon und Tyre mit Kampfjets und Drohnen. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden bei den Angriffen mindestens 331 Personen getötet, und mindestens 945 wurden verletzt. Keiner der Getöteten waren offiziellen Angaben zufolge bewaffnet oder unmittelbar in bewaffnete Aktionen involviert. Die Menschen wurden gezielt auf Motorrädern, in Autos, in Häusern und Wohnungen getötet.
In einem Bericht von Amnesty International von August 2025 heißt es, dass zwischen Oktober 2024 und Januar 2025 mehr als 10.000 Gebäudestrukturen ganz oder teilweise von der israelischen Armee zerstört worden seien. Allein in den Gemeinden Yarin, Dheira und Bustan habe das Militär mehr als 70 Prozent aller Gebäude zerstört – zu einem Zeitpunkt, als sie diese Gebiete besetzt hielt und kontrollierte. Das weise darauf hin, so Amnesty, dass die Zerstörung außerhalb aktiver Kampfhandlungen erfolgt sei. Die NGO habe im Juni 2025 einen Fragenkatalog zu dem Vorgehen an die zuständigen israelischen Behörden gesandt, aber bis zum Erscheinen des Berichts im August keine Antwort erhalten.
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