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Aus: Ausgabe vom 22.11.2025, Seite 1 / Titel
Ukraine-Friedensplan

Zahnlose Zahlmeister

Ukraine-Krieg: Brüssel will an Friedensverhandlungen beteiligt werden, soll aber laut US-Plan vor allem die Kosten für den Wiederaufbau tragen. Kiew lehnt Grenzveränderungen ab
Von Reinhard Lauterbach
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Da guckt die EU ganz schön blöd aus der Wäsche: Kaja Kallas und Ursula von der Leyen (Brüssel, 10.6.2025)

Die deutsche Regierung und die Spitze der EU haben mit deutlicher Distanz auf die bekanntgewordenen US-Pläne für eine Beendigung des Ukraine-Kriegs reagiert. Kanzler Friedrich Merz (CDU) sagte am Freitag kurzfristig Termine ab, um über den zwischen den USA und Russland ausgehandelten Plan zu beraten. Wie Bild unter Berufung auf Quellen im Kanzleramt berichtete, befürchtet man dort, dass die Ukraine zu einer »Kapitulation« genötigt werden könnte. Außenminister Johann Wadephul (CDU) gab an, der Plan sei »nicht abgeschlossen«; Ziel der Bundesregierung sei, dass die Ukraine aus einer starken Position heraus verhandeln könne. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagte, jeder Friedensplan könne nur funktionieren, wenn die EU und die Ukraine mit »an Bord seien«. Eine implizite Sabotagedrohung aus Brüssel.

Von ukrainischer Seite überwogen die kritischen Stimmen. Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrates und frühere Verteidigungsminister Rustem Umerow verlangte eine »respektvolle Haltung« gegenüber der ukrainischen Position. Die ukrainische Botschafterin in Washington, Olga Stefanischina, schloss Grenzänderungen zu Lasten ihres Landes kategorisch aus. Die 28 bekanntgewordenen Einzelelemente des Plans seien von der russischen Position geprägt. Daher gebe es nicht viel Sinn, über das Paket aus 28 Punkten im ganzen zu verhandeln. Offizielle Reaktionen aus Russland blieben bis Freitag mittag weiterhin aus. Präsident Wladimir Putin sagte allerdings am Donnerstag bei einem Truppenbesuch in der Ukraine, das russische Volk erwarte, dass alle Ziele der Militäroperation erreicht würden.

Aus dem zwischen den USA und Russland ausgehandelten Entwurf geht hervor, dass sich die USA von einem Ende des Krieges insbesondere wirtschaftliche Vorteile auf Kosten der EU versprechen. So soll der Wiederaufbau der Ukraine mit je 100 Milliarden US-Dollar aus dem in Europa eingefrorenen russischen Staatsvermögen und mit Mitteln der EU finanziert werden. Die Hälfte aller Profite aus dem Wiederaufbau müsse aber den USA garantiert werden, die nach dem vorliegenden Plan allerdings keinen Cent dazu beitragen würden. Auch die angesprochenen Sicherheitsgarantien für die Ukraine wollen sich die USA bezahlen lassen, nach Lage der Dinge von der EU.

Von der Front berichtete die russische Seite am Freitag, dass die Stadt Kupjansk im Bezirk Charkiw sowie die ebenfalls im Nordabschnitt der Front gelegene Ortschaft Jampil in russische Hand übergegangen seien. Östlich von Kupjansk seien 15 ukrainische Bataillone eingekesselt, meldete das Verteidigungsministerium. In der westukrainischen Stadt Ternopil dauerten die Aufräumarbeiten in dem durch russischen Raketenbeschuss zerstörten Wohnhaus auch am Freitag noch an. Die Zahl der Todesopfer des Angriffs in der Nacht zum Mittwoch stieg inzwischen auf 31. Das Haus steht in der Nachbarschaft eines für die ukrainische Rüstungsindustrie arbeitenden Betriebes. Nach ukrainischen Presseberichten könnte ein unvorsichtiges Posting eines Abgeordneten der Präsidentenfraktion »Diener des Volkes« den Angriff provoziert haben. Der Mann habe die Fabrik »Orion« vor 14 Tagen in einem Video auf X namentlich genannt und erklärt, dort würden Geräte zur elektronischen Kampfführung produziert. Inzwischen behauptete der Politiker, er sei gar nicht am Ort gewesen – was für die Namensnennung ja auch nicht erforderlich war; die Aufnahmen seien in Wahrheit in Kiew entstanden.

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