Comrade Zohran
Von Daniel Bratanovic
Endlich einmal gute Nachrichten. In New York City brechen die letzten Tage des Privateigentums an. Produktionsmittel werden vergesellschaftet, in der City Hall in Manhattan regiert künftig der Sozialismus, aus der Wall Street wird eine Ideenbörse für Frieden und Fortschritt.
Am heutigen Dienstag wählen die Einwohner der größten Stadt der Vereinigten Staaten einen neuen Bürgermeister. Ausweislich aller Wahlumfragen liegt Zohran Mamdani, der für die Demokraten ins Rennen geht, mit großem Abstand in Führung. Aus Sicht des Weißen Hauses, des demokratischen Parteiestablishments und der New Yorker Wirtschaftswelt stimmt so ziemlich gar nichts am Profil des 34jährigen: demokratischer Sozialist, Muslim, Antizionist.
Die Kampagne gegen den »kommunistischen Wahnsinnigen« (Trump), der jegliches Privateigentum beseitigen (Exbürgermeister Michael Bloomberg), Kirchen wie Synagogen abschaffen und dagegen die Scharia einführen wolle (Fox News) bewegt sich auf dem inzwischen üblichen Niveau. Die fade Kulturkriegsführung ohne jede sachliche Substanz lenkt ab vom sozialpolitischen Programm, das den Kern von Mamdanis Wahlkampf ausmacht.
In keiner anderen Stadt der USA sind die Lebenshaltungskosten so hoch wie in New York City. Der monatliche Medianmietpreis liegt derzeit bei 3.600 US-Dollar. »Affordability«, Bezahlbarkeit, lautet denn auch der zentrale Begriff in Mamdanis Kampagne. Helfen sollen eine kostenlose Kitabetreuung, ein Mietendeckel, kostenlose Busse und öffentlich betriebene Supermärkte. Die erforderlichen Ausgaben sollen durch Einnahmen von anderer Seite ermöglicht werden: höhere Einkommensteuern für Besserverdienende sowie höhere Körperschaftsteuern. Kein radikaler Entwurf, sondern ein klassisch sozialdemokratisches Umverteilungsprojekt.
Wie realistisch eine Umsetzung dieses Programms im Falle eines Wahlsiegs ist, bleibt mehr als fraglich. Für viele Maßnahmen benötigt Mamdani die Unterstützung des Bundestaates, und dessen Gouverneurin Kathy Hochul hat schon deutlich gemacht, dass Steuererhöhungen mit ihr nicht zu haben sind. Derweil sollen viele Manager aus Manhattan inzwischen einen positiven Eindruck vom linken Bürgermeisterkandidaten bekommen haben; seine Positionen seien nuancierter geworden. Die sozialistische Insel New York City wird es also einstweilen nicht geben.
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