Luxuslandser des Tages: Reservisten
Von Luca von Ludwig
					Es scheint, der gemeine Wald- und Wiesenreservist ist in seinem Unterhalt doch anspruchsvoller, als man sich das so vorstellt. Billigbier und Billigkippen reichen dem Nobelfreizeitsoldaten von heute längst nicht mehr. Zumindest gibt es eine ganz schön lange Kriterienliste für den »Preis der Reserve«, den Kriegsministerium und Reservistenverband jährlich an Unternehmen vergeben, die sich um die militärischen Rücklagen auf zwei Beinen besonders verdient gemacht haben.
Dabei gibt es keine falsche Bescheidenheit: Von der bevorzugten Einstellung von Reservisten über konzerninterne Ansprechpartner nur für deren Angelegenheiten bis zu monatelangen Freistellungen fürs kameradschaftliche Besauf…, pardon: für »Reservistendienste«, sind jede Menge Extrawürste dabei. So manche Gewerkschaft würde bei derlei Forderungen vor lauter sozialpartnerschaftlichem Pflichtgefühl ganz verlegen werden.
Wer den Preis, dessen Verleihung für Montag angesetzt war, in diesem Jahr erhält, war bis Redaktionsschluss noch unbekannt. Vermutlich wieder ein Großkonzern, wie Amazon im Vorjahr, bei dem die Mehraufwendungen für die Sonderwünsche unter »Rundungsfehler« verbucht werden. Der Otto Normalproletarier muss sich beim Stressausgleich indes mit höhenverstellbaren Schreibtischen und betrieblich gesponserten Achtsamkeitskursen zufriedengeben.
Nicht unter den Tisch fallen soll hier die immense patriotische Risikobereitschaft der Konzerne, die ihre Foyervitrine mit der Auszeichnung verzieren lassen: Die damalige BRD-Außenministerin Annalena Baerbock stellte ja vor nicht allzu langer Zeit in bezug auf palästinensische Schulen klar, dass die Bombardierung ziviler Einrichtungen schon in Ordnung geht, wenn diese auch militärisch genutzt werden. Und was ist ein werktätiger Reservist im Kriegsfall schon, wenn nicht ein Dual-use-Angestellter?
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