Gegründet 1947 Mittwoch, 29. Oktober 2025, Nr. 251
Die junge Welt wird von 3054 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 29.10.2025, Seite 3 / Ansichten

Unendliche Geschichte

Regierungskrise in Spanien
Von Carmela Negrete
Spanien_vor_Regierun_87681298.jpg
Carles Puigdemont

Spanien wird von einem politischen Erdbeben erschüttert. Der ehemalige Präsident Kataloniens, Carles Puigdemont, erklärte am Montag abend in einem Kommuniqué, dass seine Partei, die liberale Junts per Catalunya, die Kooperation mit der spanischen Regierung beenden wolle. Die Partei fordert, dass ein legaler Weg zur katalanischen Unabhängigkeit durch ein Referendum ermöglicht wird.

Sollte die Basis von Junts in einer Abstimmung am Donnerstag den von ihrer Führung beschlossenen Bruch mit der Regierung unterstützen, hätte Ministerpräsident Pedro Sánchez keine Chance mehr, den Haushalt oder andere Gesetze durch das Parlament zu bringen.

Fakt ist: Sánchez hat keine Mehrheit mehr, die ihn stützt, obwohl es in Spanien seit der Wirtschaftskrise eine progressive Mehrheit gibt. Doch es sind die Sozialdemokraten der PSOE, die dafür gesorgt haben, dass diese Mehrheit immer weiter schrumpft. Zunächst wollten sie keine Koalitionsregierung mit der linken Podemos bilden und boten statt dessen der liberalen Partei Ciudadanos eine Zusammenarbeit an. In späteren Wahlgängen wurde die Wahlkoalition Unidas Podemos, die gemeinsam mit der Vereinigten Linken (IU) gegründet worden war, zunehmend schwächer.

Der fehlende Mut von Sánchez führte dazu, dass die PSOE an einem »Weiter so« festhielt, obwohl die große Mehrheit der sozialdemokratischen Wähler sowie der linke Koalitionspartner Sumar gegen die NATO und gegen Aufrüstung eingestellt sind. Die Folge war eine Spaltung des linken Lagers. Podemos positioniert sich mittlerweile offen gegen den Kriegskurs, ist aus der Wahlkoalition Sumar ausgetreten und befindet sich nun in der Opposition. Denn Sumar einschließlich der darin organisierten Vereinigten Linken (IU) um die Kommunistische Partei hat sich unter Verweis auf das angeblich »kleinere Übel« dagegen entschieden, soziale Verbesserungen zu erkämpfen und sich dem Aufrüstungskurs von Sánchez zu widersetzen. Ihr Hauptargument lautet, dass sonst eine rechte Regierung an die Macht käme.

Die Linke ist auf mögliche Neuwahlen so schlecht vorbereitet wie noch nie. Die Basis von Sumar und IU sowie die Wähler von Podemos sehen in den jeweils anderen Linksparteien Verräter. Zwar hat sich die Linke in Spanien bei früheren Wahlen trotz aller Differenzen oft auf Wahlbündnisse geeinigt, um der Rechten die Stirn zu bieten – diesmal aber scheint eine solche Einigung äußerst unwahrscheinlich. Sollten die Wahlen vorgezogen werden, hätten die rechtskonservative Volkspartei (PP) und die ultrarechte Vox laut Umfragen zunächst eine absolute Mehrheit zu erwarten.

Zuvor müsste die PP allerdings ein Misstrauensvotum beantragen und dafür eine Mehrheit im aktuellen Parlament finden. Das hängt wiederum von der katalanischen Junts ab, die letztlich wohl kein echtes Interesse daran hat. Es bleibt also spannend.

Tageszeitung junge Welt am Kiosk

Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe. 

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

  • Neus Català beim Besuch der Gedenkstätte Ravensbrück anlässlich ...
    06.10.2025

    Notwendiges Vorbild

    Erinnerung als Widerstand. Zum 110. Geburtstag der katalanischen Kommunistin Neus Català – 80 Jahre nach der Befreiung von Ravensbrück
  • Will die spanische Rechte Beschäftigten nicht gönnen: Mehr Pause...
    12.09.2025

    Work-Life-Balance bleibt aus

    Katalanische Liberale um Puigdemont stimmen gemeinsam mit Rechten gegen Arbeitszeitverkürzung auf 37,5 Stunden pro Woche

Regio:

Mehr aus: Ansichten