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Aus: Ausgabe vom 16.10.2025, Seite 5 / Inland
Prestigeprojekte

Staatsknete für den »Elbtower«?

Hamburger Senat will Museum ins Prestigeprojekt verfrachten
Von Gudrun Giese
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Museumsturm »Elbtower« in Hamburg

Für eine der Investitionsruinen des österreichischen Immobilienpleitiers René Benko könnte es eine Zukunft geben: Der in der Hamburger Hafencity geplante »Elbtower« soll nach Vorstellungen des »rot-grünen« Senats der Hansestadt weitergebaut und zu einer knappen Hälfte als Naturkundemuseum genutzt werden.

Der bereits kurz nach der Vorstellung kritisierte Plan sieht vor, dass die Stadt für den als Museum zu nutzenden Gebäudeteil einen Festpreis von 595 Millionen Euro zahlt. Der »Elbtower«, dessen Bau bei einer Höhe von hundert Metern wegen der beginnenden Insolvenzwelle von Benkos Signa-Konzern vor etwa zwei Jahren vorerst eingestellt wurde, soll nach neuesten Plänen insgesamt nicht mehr 245, sondern 199 Meter hoch werden und statt 64 noch 52 Stockwerke erhalten.

Tatsächlich hat sich Hamburg in einem 2021 mit Nordrhein-Westfalen abgeschlossenen Staatsvertrag zum Bau eines Naturkundemuseums verpflichtet, wie Radio Hamburg am Mittwoch berichtete. Dort solle die einschlägige Sammlung der Universität öffentlich zugänglich gemacht und eine Lücke geschlossen werden, »die 1943 mit der Zerstörung des Naturhistorischen Museums am Steintorwall entstanden ist«, hatte der Erste Bürgermeister Hamburgs, Peter Tschentscher (SPD), gesagt. Verschiedene mögliche Standorte, etwa der Besenbinderhof oder das ehemalige Gebäude von Gruner und Jahr am Baumwall seien geprüft, aber für nicht geeignet befunden worden. Der Weiterbau des »Elbtowers« und die anschließende museale Teilnutzung sieht der Senat nun als ideale Lösung an.

Und nicht nur er. Erfreut zeigte sich der Immobilienentwickler Dieter Becken, der seit vergangenem Dezember zusammen mit einem Konsortium über den Kauf des »Elbtowers« aus der Insolvenzmasse verhandelt. Zu den möglichen Investoren zählt dabei der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne, der sich in der Vergangenheit bei Benko-Projekten engagierte. Für die Fertigstellung des »Elbtowers« brauchen Becken und Co. noch viel Geld. Die Pläne des Senats zum Einstieg mit fast 600 Millionen Euro wertete Becken laut Radio Hamburg »als sehr positives Signal«. Aus Sicht von Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) wäre die Errichtung des Naturkundemuseums im »Elbtower« zum »Global-Pauschal-Festpreis« von 595 Millionen Euro ein gutes Geschäft. Die Summe soll über Darlehen und aus dem »Sondervermögen für Infrastrukturmaßnahmen« aufgebracht werden. Der Neubau eines städtischen Museumsgebäudes in der Hafencity würde 824 Millionen Euro kosten, rechnete Dressel vor, und würde länger dauern. Das Naturkundemuseum im »Elbtower« soll bereits Ende 2029 bezugsfertig sein.

Die geplante Teilübernahme durch die Stadt Hamburg kommt bei der Opposition in der Bürgerschaft ebenso wenig an wie beim Bund der Steuerzahler. Bürgermeister Tschentscher habe nach der Signa-Pleite eine finanzielle Beteiligung der Stadt am »Elbtower« ausgeschlossen; mit dem jetzigen Plan werde er wortbrüchig, sagte laut dpa Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Fraktion. Als »großen Fehler« bezeichnete Marco Hosemann, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, das Vorhaben. Der Senat begebe sich »in die Abhängigkeit von privaten Investoren« und gehe das Risiko weiterer Kostensteigerungen ein. Die Behauptung, dass ein Neubau teurer werde, sei nicht schlüssig, zumal das Naturkundemuseum sich nun dem Grundriss des »Elbtowers« anpassen müsse, was wenig praktikabel sei. Sascha Mummenhoff, Landesvorsitzender des Bundes der Steuerzahler, sieht in dem Ganzen »eine verdeckte Beteiligung an einem gescheiterten Prestigeprojekt, finanziert mit Steuergeld«.

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