Comeback für Babiš
Von Reinhard Lauterbach
Die rechte Partei ANO des Milliardärs Andrej Babiš hat die Parlamentswahlen in Tschechien mit großem Abstand gewonnen. Nach Auszählung praktisch aller Stimmen entfielen auf sie etwa 35 Prozent der Stimmen. Das lag sogar noch über dem, was ihr die Umfrageinstitute vorhergesagt hatten. Das bisherige Regierungsbündnis Spolu von Ministerpräsident Petr Fiala fiel von 28 auf knapp 24 Prozent zurück, ihr Koalitionspartner, die »Bürgermeisterpartei«, erhielt elf, die »Piraten« kamen auf etwa neun Prozent. Weiter im tschechischen Parlament vertreten sind mit knapp acht Prozent die rechte und fremdenfeindliche Partei SPD (das Kürzel steht für »Direkte Demokratie«), etwa sieben Prozent bekam eine »Autofahrerpartei«, die ihre Stimmen vor allem der Unzufriedenheit mit der Klimapolitik der EU verdankte. Das Linksbündnis Stačilo (»Es reicht!«) scheiterte mit 4,6 Prozent an der Fünfprozenthürde.
Babiš wird jedenfalls Koalitionspartner brauchen, und der NATO- und EU-freundliche Staatspräsident Petr Pavel hat bereits angekündigt, Einfluss auf die Regierungsbildung zu nehmen. Als Partner für Babiš bieten sich die SPD und eventuell die »Autofahrerpartei« an. Die größte Veränderung in der tschechischen Außenpolitik könnte sein, dass Tschechien seine bisherige militärische Unterstützung der Ukraine einstellt oder wenigstens zurückfährt. Unter der bisherigen Regierung hatte Prag die Lieferung von 800.000 Artilleriegranaten aus aller Welt für die Kiewer Armee organisiert und bezahlt. Babiš hatte angekündigt, das Geld besser für Zwecke im Inland zu nutzen. Die SPD hatte im Wahlkampf gefordert, die nach Tschechien geflüchteten Ukrainer zurückzuschicken. Mit knapp 400.000 liegt ihr Anteil bei vier Prozent der Gesamtbevölkerung und damit an der Spitze aller EU-Staaten, er ist doppelt so hoch wie in Deutschland. Rund ein Drittel der Geflüchteten ist nach Angaben der bisherigen Regierung vom Sommer 2025 sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Auf EU-Ebene ist die Babiš-Partei 2024 im EU-Parlament von den Liberalen in die Fraktion »Patrioten für Europa« gewechselt, der unter anderem die österreichische FPÖ, die Fidesz von Viktor Orbán und das Rassemblement National aus Frankreich angehören.
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