Beratungen über Ukraine-Hilfe
Von Reinhard Lauterbach
In Paris haben am Donnerstag Vertreter von etwa 30 westlichen Regierungen darüber beraten, wie eventuelle »Sicherheitsgarantien« für die Ukraine ausgestaltet werden könnten. Persönlich in die französische Hauptstadt gekommen waren jedoch nur fünf Staats- und Regierungschefs; der große Rest, darunter auch Bundeskanzler Friedrich Merz, nahm per Videoschaltung teil. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez sagte in letzter Minute ab, angeblich wegen eines technischen Defekts an seinem Flugzeug.
26 Länder seien bereit, Truppen zur Absicherung eines Waffenstillstands oder Friedens in der Ukraine einzusetzen, erklärte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach Abschluss der Beratungen. Diese Staaten hätten sich formell verpflichtet, Truppen in der Ukraine zu stationieren oder auf dem Land, auf See oder in der Luft präsent zu sein, um das Land nach einem Kriegsende zu stärken und einen Frieden abzusichern. Aus der Bundesregierung waren im Vorfeld der Verhandlungen »große Vorbehalte« bezüglich einer deutschen Beteiligung an einer solchen Truppe geäußert worden; die Bundeswehr wolle sich auf technische und militärische Unterstützung der Kiewer Armee konzentrieren.
»Diese Streitmacht hat weder den Willen noch das Ziel, Kriege gegen Russland zu führen, sondern soll den Frieden sichern und ein klares strategisches Signal setzen«, behauptete Macron. Die Truppen würden nicht an der Frontlinie zum Einsatz kommen.
Russland hatte demgegenüber bereits im Vorfeld erneut deutlich gemacht, dass es eine Stationierung von NATO-Truppen in der Ukraine auf keinen Fall hinnehmen wolle. Über derartige Überlegungen werde Russland nicht einmal diskutieren, sagte Außenamtssprecherin Marija Sacharowa am Rande eines Wirtschaftsforums in Wladiwostok. Eine solche westliche Truppe werde die Lage nicht stabilisieren, sondern destabilisieren.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte reagierte auf diese Aussage mit der rhetorischen Gegenfrage, warum sich der Westen überhaupt auf solche russischen Vorbehalte einlasse. Rutte sagte in Prag, Russland habe in der Frage der westlichen Truppen nichts mitzureden, es sei Sache der Ukraine, sich ihre Bündnispartner und die Form von deren Unterstützung auszuwählen.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (5. September 2025 um 09:55 Uhr)Wenn man die aktuelle Frontlage betrachtet und zugleich die klaren russischen Forderungen kennt, bleibt völlig unklar, worauf die sogenannten »Willigen« eigentlich hinauswollen. Über welche Ukraine sprechen sie überhaupt? Solange der Krieg andauert, schrumpft die territoriale und politische Substanz der Ukraine immer weiter. Von einem Waffenstillstand oder gar dessen Absicherung zu reden, setzt jedoch voraus, dass zuvor eine tragfähige Friedensvereinbarung zustande kommt. Ohne diese Grundlage wirken die Ankündigungen eher wie symbolische Gesten oder mediale Inszenierungen, nicht aber wie realistische Politik. Das vorgestellte Konzept bleibt damit für mich ein ‚Unkonzept‘: Es fehlt an Substanz, an klarer Strategie und an politischem Realismus, der die tatsächlichen Kräfteverhältnisse und die Positionen Russlands berücksichtigt. Genau diese strategische Schwäche zieht sich seit Beginn des Krieges durch das Handeln vieler westlicher Regierungen – und wird mit solchen Vorstößen nur erneut bestätigt.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (5. September 2025 um 06:18 Uhr)»Rutte sagte in Prag, Russland habe in der Frage der westlichen Truppen nichts mitzureden, es sei Sache der Ukraine, sich ihre Bündnispartner und die Form von deren Unterstützung auszuwählen.« Würde er das auch zu »Daddy« sagen, wenn sich Kanada bedroht fühlen würde und ein Militärbündnis mit China und Russland einginge? Welchen Auftrag würde »Daddy« da wohl seinen Streitkräften erteilen? Eine westliche Allianz jeweils mehrerer Staaten, die sich auch heute in der NATO wiederfinden, hat in den letzten 220 Jahren Russland insgesamt fünfmal angegriffen: 1812, Krimkrieg 1853–56, 1. Weltkrieg, Bürgerkrieg nach 1917, 2. Weltkrieg. Wenn man im Westen arrogant Russland ein Mitspracherecht darüber verweigert, ob sich nun eine ähnliche westliche Allianz – entgegen den Absprachen mit Gorbatschow – zum sechsten Mal an seinen Grenzen versammelt, dann muss das nicht automatisch bedeuten, dass Russland sich damit abfindet. Ob es sich damit abfindet, darauf hat nun wiederum der Westen keinen Einfluss. Helmut Schmidt sagte 1993: »Wenn ich ein sowjetischer Marschall wäre oder ein Oberst, würde ich die Ausdehnung der NATO-Grenze, erst von der Elbe bis an die Oder und dann über die Weichsel hinaus bis an die polnische Ostgrenze, für eine Provokation und eine Bedrohung des Heiligen Russland halten. Und dagegen würde ich mich wehren. Und wenn ich mich heute dagegen nicht wehren kann, werde ich mir vornehmen, diese morgen zu Fall zu bringen.« Schmidt hätte sich also an Stelle der russischen Militärführung sogar gegen die NATO in Polen gewehrt. Inzwischen ging die Expansion des Westens ja noch weiter. Bundeskanzler Schmidt hatte eben noch bittere eigene militärische Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Unseren jetzigen Politikern fehlt diese Lebenserfahrung.
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