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Aus: Ausgabe vom 22.08.2025, Seite 6 / Ausland
Nahostkonflikt

Symbol im Kampf gegen Repression

Gericht vertagt Entscheidung über Prozess gegen irischen Rapper Mo Chara erneut
Von Dieter Reinisch
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Rap-Sänger oder Terrorist? Der irische Sänger Mo Chara (2. v. r.) nach seiner Gerichtsanhörung (London, 20.8.2025)

Weiter warten heißt es für die irische Hiphop-Formation Kneecap und ihr Bandmitglied Liam Óg Ó hAnnaidh. Der unter seinem Künstlernamen Mo Chara, irischer Slang für »mein Freund«, bekannte Rapper musste sich am Mittwoch das zweite Mal vor dem Amtsgericht in Westminster verantworten. Er wurde von der Londoner Staatsanwaltschaft angeklagt, im vergangenen November bei einem Konzert in Kentish Town, Nordlondon, eine Flagge der libanesischen Hisbollah gezeigt zu haben. Erstmals war er am 18. Juni vor dem Gericht der britischen Hauptstadt erschienen.

Die Londoner Metropolitan Police hatte ihn auf Basis des Terrorismusgesetzes angeklagt und auf »eine Untersuchung der Antiterroreinheit« verwiesen. Die Entscheidung, ob es tatsächlich zu einem Prozess wegen Terrorismusverherrlichung kommen wird, wurde am Mittwoch wie bereits beim ersten Gerichtstermin vertagt. Am 26. September wird der Musiker noch mal erscheinen müssen. Dann wird der Richter Paul Goldspring bekanntgeben, ob ein Prozess eingeleitet oder das Verfahren eingestellt wird.

Für viele wurde die Band Kneecap in den vergangenen Monaten zu einem Symbol des Kampfes gegen Repression und Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Wie schon beim ersten Gerichtstermin protestierten Hunderte vor dem Gerichtsgebäude, um ihre Solidarität mit Ó hAnnaidh zu zeigen. Die Polizei hatte kurzfristig mehrere einschneidende Auflagen für die Kundgebung erlassen.

Viele bekannte Persönlichkeiten meldeten sich zu Wort, etwa der nordirische Parlamentarier der linkssozialistischen Partei People Before Profit, Gerry Carroll, der sagte: »Liam wird kriminalisiert, weil er die Mitschuld des britischen Staates am Völkermord aufgedeckt und dies offen ausgesprochen hat.« Die Regierung habe »Angst vor der wachsenden Palästina-Bewegung« und wolle sie zum Schweigen bringen. Er brachte die Anklage gegen den Musiker in Verbindung mit dem Verbot von »Palestine Action«: »Sie können uns Terroristen nennen, ins Gefängnis werfen und vor Gericht zerren, aber sie können die Wahrheit nicht unter den Teppich kehren: Was in Gaza passiert, ist Völkermord. Wie die Apartheid in Südafrika muss Apartheid überall abgeschafft werden.« Das Vorgehen gegen Ó hAnnaidh und »Palestine Action« sei ein Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Protest, befand Carroll.

Aus Belfast angereist war auch der Parlamentarier der republikanischen Sinn Féin, John Finucane. »Diejenigen, die Kinder hungern lassen und Völkermord begehen, sollten vor Gericht gestellt werden, nicht Mo Chara von Kneecap«, spitzte er die Absurdität des gesamten Verfahrens zu. In seiner Rede betonte er, das »britische Establishment« werde »das irische Volk nicht zum Schweigen bringen«.

Während das Warten für Ó hAnnaidh weitergeht, befindet sich Kneecap auf einer erfolgreichen Sommertour. Allerdings wurde das für September geplante Konzert in Wien durch eine rechte Schmierkampagne vereitelt, an der sich auch die Freiheitliche Partei Österreichs beteiligt hatte. Vor zwei Wochen teilte der Veranstalter mit, dass der Kneecap-Auftritt wegen »Sicherheitsbedenken« abgesagt werde.

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