Genozid durch Landraub
Von Gerrit Hoekman
Trotz scharfer internationaler Kritik setzt Israel seine Offensive im Gazastreifen unvermindert fort. Die israelische Armee gab bekannt, dass die Außenbezirke von Gaza-Stadt unter ihrer Kontrolle sind. Nun bereite sie die Einnahme der gesamten Stadt vor, teilte ihr Sprecher Effie Defrin laut dpa am Donnerstag mit. Wann die Bodenoffensive beginnt, bleibt offen. Anfang September sollen etwa 60.000 Reservisten einberufen werden. In Gaza-Stadt lebt rund eine Million Menschen. Sie sollen in Zeltlager im Zentrum des Gazastreifens evakuiert werden. Es steht zu befürchten, dass sie dort wie in der Vergangenheit nicht sicher sind.
Der waffentechnisch haushoch überlegenen israelischen Armee ist es in 22 Monaten nicht gelungen, die Hamas und ihre Verbündeten zu besiegen. Die Organisation ist ohne Frage militärisch stark geschwächt, dennoch gelingen ihr nach wie vor Angriffe auf israelische Stellungen. Am Mittwoch attackierten mehr als ein Dutzend Kämpfer einen Vorposten im Süden von Khan Junis, teilte die israelische Armee AFP zufolge mit. Dabei will Israel zehn Angreifer im Nahkampf und aus der Luft getötet haben. Drei israelische Soldaten seien verletzt worden, einer von ihnen schwer.
In einer Stellungnahme bestätigten die Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas, die Attacke, stellten ihren Verlauf jedoch anders dar. Einen israelischen Panzerkommandanten habe man getötet, ein Kämpfer habe sich außerdem »inmitten der israelischen Soldaten in die Luft gesprengt« und »Tote sowie Verwundete« hinterlassen. Die Kassam-Brigaden bekräftigten, »dass solche Einsätze so lange andauern werden, bis die Besatzung endet« und das palästinensische Volk »Freiheit erlangt«. Die israelische Armee widersprach der Darstellung hinsichtlich des Suizidattentats.
Angesichts des Blutvergießens im Gazastreifen und der katastrophalen humanitären Lage der Zivilbevölkerung forderte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, laut Reuters während eines Besuchs in Japan einmal mehr einen sofortigen Waffenstillstand und verlangte gleichzeitig die bedingungslose Freilassung der von der Hamas festgehaltenen israelischen Gefangenen.
Die Hamas hat einem von dem vermittelnden Emirat Katar gemachten Vorschlag für einen Waffenstillstand bereits am Montag zugestimmt. Der Plan sieht eine Waffenruhe von 60 Tagen vor. In der Zeit sollen zehn noch lebende israelische Gefangene gegen palästinensische Häftlinge in Israel ausgetauscht werden. Insgesamt befinden sich noch etwa 50 Geiseln im Gazastreifen, von denen mindestens 20 am Leben sein sollen. Israel reagierte bis jetzt nicht auf das Angebot. Statt dessen trieb Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Soldaten zu einer schnelleren »Eroberung der letzten Terrorhochburgen« an.
Die mit ausgewiesenen extremen Rechten gespickte israelische Regierung hält nun offenbar auch die Zeit für gekommen, ihren langgehegten Traum von einer vollständigen, jüdischen Inbesitznahme der Westbank zu verwirklichen und der Zweistaatenlösung den Garaus zu machen. Am Mittwoch billigte ein Planungsausschuss den völkerrechtswidrigen Bau von 3.400 neuen Wohneinheiten, die das Westjordanland praktisch in einen nördlichen und einen südlichen Teil durchschneiden würden. Der israelische Siedlerrat begrüßte diese Entscheidung natürlich.
Ohne ein zusammenhängendes Territorium auf der Westbank wäre die Gründung eines souveränen, lebensfähigen palästinensischen Staates so gut wie erledigt. »Diejenigen, die heute einen palästinensischen Staat anerkennen wollen, werden von uns vor Ort eine Antwort erhalten, in Form von konkreten Tatsachen: Häuser, Stadtviertel, Straßen und jüdische Familien, die ihr Leben aufbauen«, zitierte AFP den ultrarechten israelischen Finanzminister Bezalel Smotrich. Schon seit der Besetzung 1967 schafft Israel im besetzten Westjordanland und in Ostjerusalem Fakten, ohne spürbar bestraft zu werden. Besonders die tatenlos zuschauenden westlichen Staaten haben sich dadurch zu Komplizen des andauernden Landraubs und Genozids gemacht.
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