Abtrünnige Insel
Von Satyajeet Malik
Für eine »friedliche Wiedervereinigung« mit Taiwan sei man bereit, hieß es am Montag aus Beijing. Mao Ning, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, betonte allerdings erneut, dass die Insel eine »innere Angelegenheit« Chinas sei und dass Beijing »keiner Macht gestatten werde, Taiwan in irgendeiner Weise von China zu trennen«. Wenige Tage zuvor hatte US-Präsident Donald Trump erklärt, dass sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping ihm versprochen habe, während Trumps Amtszeit keine Invasion der Insel zuzulassen. In einer im vergangenen Monat von CNN veröffentlichten Audioaufnahme hatte Trump ferner behauptet, Xi mit der Bombardierung Beijings gedroht zu haben, sollte China Taiwan angreifen.
Trumps Drohung kommt in einer Phase, in der in Taiwan Zweifel an der direkten militärischen Unterstützung durch die US-Regierung aufgekommen sind. Zu begründen sind sie primär mit Trumps Kritik am niedrigen Verteidigungsbudget Taiwans. Derzeit wendet die Insel weniger als drei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auf; Trump fordert zehn Prozent. Während seines Wahlkampfs brachte Trump die Idee ins Spiel, dass Taiwan seine Rüstungsausgaben direkt an die USA bezahlen solle: Die USA seien »nicht anders als eine Krankenkasse«, und Taiwan »gibt uns nichts«.
Damals lehnte Trump es sogar ab, sich zu äußern, als er gefragt wurde, ob seine Regierung China daran hindern würde, eine Wiedervereinigung mit Gewalt zu versuchen: »Ich äußere mich dazu nicht.« Dies ist eine deutliche Abkehr von der Linie seines Vorgängers Joe Biden, der wiederholt erklärt hatte, dass er militärisch eingreifen würde, sollte China Gewalt anwenden. Trumps Weigerung wird als Rückkehr der US-Politik der »strategischen Unklarheit« gegenüber Taiwan gesehen. Die USA hatten lange Zeit davon abgesehen, explizite Sicherheitsgarantien zu geben. 1979 hatten die USA ihre diplomatischen Beziehungen zu Taipeh offiziell abgebrochen, um Beziehungen zu Beijing aufzunehmen, das damals auf der Ein-China-Politik bestand.
Taiwan hat in jüngster Zeit auch seine eigene Rhetorik hinsichtlich seiner separaten Existenz gegenüber der Volksrepublik verschärft. Lin Chia-lung, Taiwans Chefdiplomat, erklärte am Sonntag, dass »Taiwan und die China einander nicht untergeordnet sind und China kein Recht hat, Taiwan in der internationalen Gemeinschaft zu vertreten«. Lin berief sich dabei auf den 1951 abgeschlossenen Vertrag von San Francisco, mit dem der Krieg zwischen Japan und den Alliierten offiziell beendet worden war. Taipeh beansprucht die Souveränität über die Insel aufgrund dieses Vertrags, da Japan seine Besatzung und seine Rechte über Taiwan aufgegeben hat. Der Vertrag wurde von 48 Ländern unterzeichnet, darunter Japan, Großbritannien und die USA. Weder die Volksrepublik China noch separate Vertreter Taiwans waren anwesend.
Das chinesische Außenministerium reagierte am Montag darauf, indem es den genannten Vertrag als »illegal und ungültig« bezeichnete, da er unter Ausschluss der Volksrepublik unterzeichnet worden sei. China bezeichnete Lins Kommentare als »irreführende Rhetorik« und verwies auf die Kairoer und die Potsdamer Erklärungen. Erstere wurde 1943 zwischen den USA, Großbritannien und China unterzeichnet, wobei festgehalten wurde, dass Taiwan nach der Befreiung der Insel von Japan an China zurückgegeben werde. Danach stellten die USA, Großbritannien und China in der Potsdamer Erklärung von 1945 ein Ultimatum an Japan, sich zu ergeben, und bekräftigten die Kairoer Erklärung. Seit dem Regierungswechsel mit der Gründung Chinas am 1. Oktober 1949, bei dem die Kommunistische Partei die Macht übernahm, während die bürgerliche Regierung nach Taiwan floh, befinde sich die »einzige rechtmäßige Regierung, die ganz China vertritt«, in Beijing. Dieser Regierungswechsel habe stattgefunden, da China »als Subjekt des Völkerrechts unverändert geblieben« sei, was bedeute, dass die VR China die alleinige Nachfolgerin aller internationalen Verträge sei, die für ganz China galten und gelten würden, womit Taiwan eine »innere Angelegenheit« bleibe.
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