Tortur hinter Gittern
Von Yaro Allisat
Aus Deutschland abgeschoben und im Ausland wieder eingesperrt: Das droht dem kurdischen Schriftsteller Hamza A. In der Türkei hat er bereits mehrere politische Prozesse hinter sich. Gegenwärtig wird A. in Dresden in Abschiebehaft gefangengehalten. Dagegen wehrt er sich seit dem 24. Juni mit einem Hungerstreik. Mittlerweile befindet sich der Aktivist seinen Unterstützern zufolge in Lebensgefahr. Ihm drohen akutes Herz- und Organversagen sowie Hirnschäden. Am Dienstag abend sollte nach jW-Redaktionsschluss in Dresden eine Kundgebung zur Unterstützung von A. stattfinden.
Eine Petition, die in weniger als 24 Stunden bereits mehr als 660 Unterschriften sammelte, fordert seine Überführung in eine medizinische Versorgungseinrichtung, die Aussetzung seiner Abschiebung und die Beendigung der unmenschlichen Praktiken in Haft. Der Sächsische Flüchtlingsrat e. V. hatte in einer Mitteilung vom 24. Juli die »sofortige Freilassung von Hamza A. aus der Abschiebehaft und die generelle Aussetzung aller Abschiebungen politisch Verfolgter in die Türkei« gefordert. Das Land lag mit insgesamt mehr als 1.000 Abschiebungen im Jahr 2024 auf dem dritten Platz der Liste von Zielländern. Fachleute kritisieren zudem immer wieder das Konzept der Abschiebehaft, da es sich um eine Inhaftierung ohne Verurteilung wegen einer Straftat handelt.
Dem Verein zufolge lebt A. seit sechs Jahren in der BRD. Zuvor hatte er in der Türkei als Kurde Gewalt durch Polizei und Soldaten erlebt, wurde mehrfach festgenommen und war zweimal politischer Gefangener. Bevor er floh, war er auf Bewährung freigelassen worden, stand unter einer Ausreisesperre und musste sich wöchentlich bei der Polizei melden. Trotzdem wurde sein Asylantrag in Deutschland abgelehnt. Bereits fünf Abschiebungsversuche hat A. hinter sich, drei davon an einem Tag.
Den sächsischen Behörden wirft er schwerwiegende Misshandlungen vor. So sei A. laut seinem eigenen Bericht, den der Flüchtlingsrat veröffentlichte, am 6. August mehrfach von den Beamten der Dresdner Abschiebehaft nackt ausgezogen und untersucht worden. Schließlich habe man ihn »wegen Suizidrisikos« gefesselt und ihm trotz seines Asthmas einen Helm aufgesetzt. Amtsärzte bestätigten dennoch seine Reisefähigkeit, woraufhin der 49jährige nach Frankfurt am Main gebracht wurde. Dort habe man ihn in ein Flugzeug Richtung Istanbul gesetzt und ihm den Mund zugehalten, damit er nicht schreien konnte.
Doch die Flugbegleiter merkten dies und schickten A. aus dem Flugzeug. Beim zweiten Versuch am selben Tag schlug A. seinen Kopf so heftig gegen den Vordersitz, dass die Flugbegleiter sich weigerten, ihn mitzunehmen. Der dritte Versuch wurde bereits im Warteraum abgebrochen, wo A. seinen Kopf gegen die Wand schlug, woraufhin man ihn gefesselt auf den Boden legte und über eine Stunde dort liegen ließ. »Gegen 21 Uhr öffnete sich die Tür«, heißt es im Bericht des Betroffenen. »Die Beamten kamen herein, zogen mich wieder komplett aus, führten mich nach unten. Dort warteten dieselben Polizisten wie in der Nacht. Sie setzten mir erneut einen Helm auf, fesselten mich am Gürtel und setzten mich in ein Fahrzeug.« Die Beamten sollen sich amüsiert und dabei Wörter wie »Flugzeug«, »Abschiebung«, »Istanbul« und »Zuhause« benutzt haben. Gegen 21.30 Uhr sei es zurück nach Dresden gegangen.
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