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Aus: Ausgabe vom 28.07.2025, Seite 10 / Feuilleton
Ballett

Schlecht beraten

Kultursenator Carsten Brosda lässt seine Finger nicht vom Hamburg Ballett
Von Gisela Sonnenburg
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Von zweifelhaftem Interesse: Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (r.) neben Fehlschuss Demis Volpi (2022)

Kaum hatte beim Hamburg Ballett die Sommerpause begonnen, gab es vom immer dubioser werdenden Hamburger Kultursenator Carsten ­Brosda (SPD) Neuigkeiten, die keine sein sollten: Das provisorische Leitungstrio vom Hamburg Ballett, das er im Juni berufen hatte, bekommt endlich entsprechende Verträge. Aber: Die Sache hat einen gewaltigen Haken.

Denn bei dem, was der Aufsichtsrat der Hamburgischen Staatsoper, dem Brosda vorsitzt, den Fachkräften diktierte, können einem sogar rechtliche Bedenken kommen. Wie heißt es noch im Grundgesetzartikel fünf, Absatz drei: »Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.« Der »künstlerische Ballettdirektor« Lloyd Riggins jedoch unterschrieb, dass er sich in seinem Amt »mit Blick auf die strukturelle Neukonzeption wie auch auf die Verbreiterung des choreographischen Repertoires extern beraten lassen wird«.

Damit unterliegt Riggins als erster Ballettdirektor in der Geschichte der Bundesrepublik einem Beratungszwang. Über die entsprechende Personalauswahl lenkt Kultursenator Brosda die Zukunft des Hamburg Ballett. Seine Berater hatten ihm schon den Exballettintendanten Demis Volpi empfohlen, der sich als despotisch und unfähig erwies. Fragt sich also, auf welches Niveau die Truppe herab­gewirtschaftet werden soll. Weltberühmt ist sie wegen ihres John-Neumeier-Profils, das Brosda aufweichen will. Neumeier, der Gründer und einstige Hamburger Chefchoreograph, muss zusehen.

Gigi Hyatt, nun Direktorin der Ballettschule in Hamburg, und Nicolas Hartmann, ab sofort Geschäftsführer sowohl des Hamburg Balletts als auch der Schule, haben ihre berufliche Souveränität gegen Geld und Posten getauscht. Ihre Verträge sind auf ein Jahr befristet, obwohl das Trio zwei Jahre walten soll. Es befindet sich also stark unter Gehorsamsdruck. Anschließend will Brosda ohnehin einen neuen Ballettintendanten etablieren. Man muss erneut eine Niete befürchten.

Im Hintergrund stellte der Senator noch eine Weiche: Auf Ralf Klöter, den freiwillig ausscheidenden Geschäftsführer der Hamburgischen Staatsoper, folgt ab August ein gewisser Jürgen Braasch. Dieser hatte bei den Niedersächsischen Staatstheatern in Hannover den skandalösen Kotschmierer Marco Goecke als Ballettchef engagiert. Das Hamburg Ballett wird künftig wohl von solchen Brosda-Buddys umzingelt.

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