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Aus: Ausgabe vom 28.07.2025, Seite 5 / Inland
Unter Treuhandverwaltung

Schwedter Verstaatlichungspläne

Uckermark-Landrätin engagiert sich für staatlichen Anteilskauf bei PCK
Von Knut Mellenthin
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Kriselt vor sich hin: PCK-Raffinerie in Schwedt

Karina Dörk wünscht sich »dass sich das Land Brandenburg bekennt und zumindest die Anteile von Shell« an der PCK-Raffinerie in Schwedt kauft. So die Empfehlung der Landrätin für die Uckermark in Brandenburg und Mitglied der CDU in einem Interview mit der Märkischen Zeitung vom Donnerstag vergangener Woche. . Das 1963 in Betrieb genommene Traditionsunternehmen aus DDR-Zeiten kriselt vor sich hin, kann seine Kapazität nicht voll auslasten und schreibt nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden immer noch »rote Zahlen«, arbeitet also mit Verlust, nachdem dort auf Geheiß der Bundesregierung seit Jahresanfang 2023 absolut kein Erdöl aus Russland mehr verarbeitet werden darf, das bis dahin praktisch die einzige Bezugsquelle der Anlage gewesen war.

Landrätin Dörke, die sich in diesem Zusammenhang schon länger deutlich stärker persönlich engagiert, als man es aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit erwarten sollte, will erreichen, dass das Bundesland Brandenburg »zumindest« die Anteile des internationalen Energieunternehmens Shell an der PCK kauft, das dort mit 37, 5 Prozent eine Sperrminorität hält. Auch eine staatliche Übernahme von Anteilen des russischen Konzerns Rosneft, der mit rund 54 Prozent Mehrheitseigner in Schwedt ist, will Dörke im Gespräch mit der Märkischen Zeitung nicht völlig ausschließen. Sie bezweifelt allerdings, ob Rosneft überhaupt verkaufen will – was der Konzern nach dem Willen der Bundesregierung schon 2023 hätte tun müssen und wozu er sich mehrmals mit Terminsetzung verpflichten musste. Derzeitiger Stichtag für den erzwungenen Verkauf wäre nach mehreren Verschiebungen Ende dieses Jahres.

Rosneft ist vor allem dadurch unter Druck, dass zwei seiner Tochterunternehmen – Rosneft Deutschland und RN Refining & Marketing – die formal Mehrheitseigentümerinnen der PCK Schwedt sind, im Zuge der Sanktionen gegen Russland wegen des Ukrainekrieges vom Bundeswirtschaftsministerium am 14. September 2022 unter Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur gestellt wurden. Dadurch ändern sich zwar nicht die Eigentumsverhältnisse, aber Rosneft kann bei betrieblichen Entscheidungen in Schwedt nur noch eingeschränkt mitsprechen.

Eine Beendigung der Treuhandverwaltung ist unter den gegenwärtigen Umständen politisch ausgeschlossen. Dass Shell sich so schnell wie möglich aus der PCK zurückziehen will, sofern der Kaufpreis einigermaßen stimmt, ist eindeutig und bekannt. Das ist Dörkes Ansatz. Sie »glaube nicht einmal, dass Shell da enorm hohe Preise aufruft«, gab die Landrätin sich im Gespräch mit dem Blatt zuversichtlich. Letztlich wird das wohl Definitionssache sein. Konkrete Zahlen nannte Dörke nicht, und auch Shell schweigt sich verständlicherweise aus.

Wie der finanzielle »Einstieg« staatlicher Stellen in Schwedt praktiziert werden könnte, wer vorangehen und wer vielleicht folgen sollte, ist laut Dörke »im Prinzip egal«. Hauptsache sei, dass der Staat »als Gesellschafter Einfluss nehmen kann«. Wenn sich »das Land Brandenburg bekennt und zumindest die Anteile von Shell kauft«, sei es gut. Wenn statt dessen zuerst »unser Kreistag dies mitträgt« und »der Landkreis dafür gemeinsam mit dem Land eine Gesellschaft gründet, um diese Anteile zu kaufen«, sei auch das ein möglicher Weg.

Realistisch im Sinn von mach- und durchsetzbar klingen diese Überlegungen nicht. Aber ein Unterstützer hat sich sofort eingefunden: Christian Görke von der Linken. Als Vertreter seiner Partei im Brandenburger Landtag hat er mit zuverlässiger Regelmäßigkeit die Verstaatlichung der Rosneft-Mehrheitsbeteiligung an der PCK gefordert. Jetzt setzt er das als Bundestagsabgeordneter fort, nachdem seine Partei bei der letzten Landtagswahl an der Fünfprozenthürde gescheitert war.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (27. Juli 2025 um 23:23 Uhr)
    Neoliberalismus und Verstaatlichung? Passt irgendwie nicht. War da nicht auch was in Nachbarbundesländern mit Northvolt, Intel und Solarmodulen aus deutscher Produktion im Meyer-Burger-Shop? Na ja, die CDU hat ja Kohle, also Schotter und jede Menge Piepen. Und wieder ist es uns gelungen, aus Sprechblasen Rohöl herzustellen. Die Zähigkeit ist die gleiche wie die von Gesabbel, am Geschmack und an der Farbe wird noch gearbeitet. Da war doch noch was: Grüner Wasserstoff und PtX, irgendwie aus Westasien … Schon vergessen?

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