Ein ziemlich faules Volk
Von Klaus Fischer
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat die Bewohner dieses Landes aufgefordert, mehr und länger zu arbeiten. »Der demographische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung machen es unumgänglich: Die Lebensarbeitszeit muss steigen«, sagte die CDU-Politikerin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Das freut die Kapitallobby und sorgt anderswo für Unmut. Selbst der sogenannte CDU-Sozialflügel kritisierte Reiche, meldete dpa.
Leider verweigerten sich zu viele zu lange der demographischen Realität. »Es kann jedenfalls auf Dauer nicht gutgehen, dass wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen«, sagte Reiche. Es gebe viele Beschäftigte in körperlich anstrengenden Berufen, aber auch viele, die länger arbeiten wollten und könnten.
Kurz gesagt: Frau Ministerin hält der erwerbsfähigen Bevölkerung Faulheit vor und insinuiert, dass Rentner eine Art Sozialschmarotzer seien. Woher hat sie diese Weitsicht? Unternehmen hätten ihr berichtete, dass ihre Beschäftigten am US-Standort 1.800 Stunden pro Jahr arbeiteten, in Deutschland aber nur 1.340 Stunden. Reiches schnelles Fazit: »Im internationalen Vergleich arbeiten die Deutschen im Durchschnitt wenig.« Ähnliche Töne hatten bereits der derzeitige Bundeskanzler und der Generalsekretär ihrer Partei angeschlagen – und dann stimmten alle einer Erhöhung der Militärausgaben von zwei auf fünf Prozent des BIP zu.
Aktuell zahlen »die Deutschen« weltweit mit die höchsten Steuern und Abgaben. Die Staatsquote liegt bei 50 Prozent plus, und zuletzt wurden neue Schulden von mehr als einer Billion Euro auf den Weg gebracht. Seltsam, dass die CDU-Ministerin in der FAZ sogar eine der Ursachen dafür nennt, dass Ältere nicht über ihr Rentenalter hinaus schaffen wollen: »Die Kombination aus Lohnnebenkosten, Steuern und Abgaben macht den Faktor Arbeit in Deutschland auf Dauer nicht mehr wettbewerbsfähig«, so Reiche. Und die Lösung soll »mehr und länger arbeiten« sein?
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