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Aus: Ausgabe vom 17.07.2025, Seite 7 / Ausland
Pazifik

Australiens Balanceakt mit Beijing

Premier auf Staatsbesuch in China, während zu Hause größtes Militärmanöver mit den USA läuft
Von Thomas Berger
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Provokation in Richtung China: Raketenübung beim Manöver »Talisman Sabre 2025« (Rockhampton, 14.7.2025)

Seit Wochenbeginn läuft vor den Küsten Australiens die bisher größte gemeinsame Militärübung des Commonwealth-Staates mit den USA. Die »Exercise Talisman Sabre« gibt es zwar mittlerweile seit zwei Jahrzehnten, doch die aktuelle Auflage ist noch einmal um einiges umfangreicher als jemals zuvor. Insgesamt nehmen daran rund 35.000 Militärangehörige aus insgesamt 19 Nationen teil. Zu den beiden hauptbeteiligten Bündnispartnern sowie Kanada gesellen sich Neuseeland, die Philippinen, Südkorea, Japan, Indonesien, Indien, Thailand und Singapur. Europa ist vertreten mit: Großbritannien, Frankreich, Norwegen, der Bundesrepublik und den Niederlanden. Nicht zu vergessen die pazifischen Nachbarn Papua-Neuguinea, Fidschi und Tonga. Malaysia und Vietnam haben Beobachter entsandt.

Nach einem feierlichen Auftakt mit einem Gruppenbild der Führungskräfte an Bord des amphibischen Angriffskreuzers »HMAS Adelaide (L01)« in Sydney ging es am Montag mit den ersten Übungen im Bundesstaat Queensland los, bei denen auch scharf geschossen wurde. Australien testete dabei seine Neuerwerbung »Himars« aus den USA, einen auf Trucks montierten Mehrfachraketenwerfer mit einer Reichweite von 400 Kilometern. Laut dem Leiter des Manövers, Brigadegeneral Nick Wilson, sei es eine Premiere gewesen, dass »Himars«-Systeme gemeinsam von den Streitkräften Australiens, der USA und Singapurs abgefeuert wurden.

Das insgesamt dreiwöchige Spektakel, wenngleich in weit größerem Rahmen, ist eine inzwischen etablierte militärische Machtdemonstration Washingtons und dessen Verbündeter in der Asien-Pazifik-Region gegenüber China. Die aktuelle Regierung des sozialdemokratischen Premiers Anthony Albanese setzt aber nicht nur auf eskalatorische Signale im Verbund mit den USA, sondern versucht mit einer parallel laufenden diplomatischen Offensive eine Art Balanceakt zwischen den beiden Großmächten. Seit dem Wochenende läuft der sechstägige Staatsbesuch Albaneses in der Volksrepublik. Als Höhepunkt traf er am Dienstag mit Präsident Xi Jinping zusammen. Dass dieses Meeting vor dem ersten bilateralen Austausch mit Donald Trump stattfand – am Rande des G7-Gipfels in Kanada war das wegen der vorzeitigen Abreise des US-Präsidenten gescheitert –, empört die konservative Opposition in Australien.

Die hat gleichwohl derzeit nicht viel zu melden. Seit dem überragenden Wahlsieg Anfang Mai hat die regierende Labor Party Oberwasser, konnte nicht nur den Machterhalt sichern, sondern ihre Mehrheit im Unterhaus sogar deutlich ausbauen. In Sachen China-Politik fährt sie gegenüber dem wichtigsten Handelspartner einen sehr pragmatischen Kurs, ist neben der festen Westeinbindung ebenso um sorgsam abgewogene Töne und ein konstruktives Verhältnis zur Führung in Beijing bemüht. Das zeigt sie auch bei der aktuellen Albanese-Visite, an der auch eine Wirtschaftsdelegation beteiligt ist. Beim Empfang des Gastes in der Großen Halle des Volkes würdigte Xi, dass der Tiefpunkt in den bilateralen Beziehungen überwunden sei und sich wieder eine positive Dynamik entwickelt habe. Unabhängig davon, wie sich die globale Landschaft verändere, blieben die Grundsätze von Gleichbehandlung bei Achtung der Unterschiede und einer für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit die Richtschnur in den Beziehungen, die weiter vertieft und ausgebaut werden sollten, so Xi.

Albanese würdigte ebenfalls die Beziehungen zur Volksrepublik und betonte einerseits mit Blick auf Taiwan Canberras anhaltende Unterstützung der Ein-China-Politik sowie andererseits, dass Australien nie versucht habe, sich von der chinesischen Wirtschaft abzukoppeln. Es gehe um die »Stabilität und Prosperität unserer Region«, so der Premier. Nach seinem Treffen mit Xi sprach Albanese von einem »sehr konstruktiven« Gespräch, bei dem auch die wechselseitigen Militärmanöver durchaus offen angesprochen worden seien. Versöhnliche Töne, die bei politischen Gegenspielern daheim wie auch dem Mann im Weißen Haus weniger gut ankommen dürften.

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