Komplizenschaft beenden
Von Sara Meyer, Bogotá
Die Konferenz in Bogotá gilt als historische »Notfallkonferenz für Palästina« und versammelt Vertreter aus mehr als 20 Ländern, internationalen Organisationen und Gruppen. Eröffnet wurde die zweitägige Zusammenkunft der sogenannten Gruppe Den Haag am Dienstag (Ortszeit) von Kolumbiens amtierender Außenministerin Rosa Yolanda Villavicencio mit einem eindringlichen Appell: »Wir sind hier nicht nur, um zu diskutieren, sondern um mit juristischer, ethischer und politischer Klarheit zu handeln angesichts einer der schwerwiegendsten moralischen Herausforderungen unserer Zeit: dem Leid des palästinensischen Volkes.«
Die »Gruppe Den Haag« wurde im Januar 2025 auf gemeinsame Initiative des kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro und seines südafrikanischen Amtskollegen Cyril Ramaphosa gegründet. Sie versammelt acht Länder des globalen Südens, neben den Initiatoren sind das Bolivien, Honduras, Kuba, Malaysia, Namibia und Senegal.
Das humanitäre Völkerrecht müsse »Prinzip und Handlung sein – nicht bloß leere Rhetorik«, so Villavicencio weiter. Die Außenministerin erinnerte daran, dass Kolumbien 2018 Palästina als Staat anerkannte und 2024 die diplomatischen Beziehungen zu Israel wegen übermäßiger Gewalt gegen Zivilisten abgebrochen habe. »Was in Palästina geschieht, ist kein tragischer Zufall, sondern ein Besatzungs- und Ausgrenzungsregime, das die internationale Gemeinschaft nicht länger tolerieren darf.« Ziel der Konferenz sei es, die Arbeit internationaler Gerichte wie des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterstützen, die Umsetzung von Urteilen des Internationalen Gerichtshofs einzufordern und gezielte Sanktionen gegen Verantwortliche zu diskutieren.
Auch Vizeaußenminister Mauricio Jaramillo Jassir meldete sich auf der Konferenz und in Onlinenetzwerken klar zu Wort: »Es ist egal, ob sie eine andere Religion haben oder Sprache sprechen – jede Minute sterben Menschen.« Er sehe es als Aufgabe der Menschheit, etwas gegen die Situation zu unternehmen und forderte ein sofortiges Ende von Genozid, Apartheid und »ethnischer Säuberung« in Gaza. Präsident Petro sei einer der ersten Staatschefs gewesen, der das Vorgehen Israels öffentlich als Genozid bezeichnet habe, betonte Jaramillo. Es gehe darum, Menschenrechte und das Recht auf Selbstbestimmung zu verteidigen. »Wir müssen vom Diskurs zur Aktion gelangen«, forderte er.
Auch die unermüdlich für die Rechte der Palästinenser kämpfende Francesca Albanese nimmt an der Konferenz teil. Die von den USA mit Strafmaßnahmen belegte UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete kritisierte auf einer Pressekonferenz die anhaltende Untätigkeit der internationalen Gemeinschaft. Sie forderte »ein Ende der verbalen Verurteilungen« und statt dessen konkrete politische Maßnahmen wie Sanktionen. Zugleich forderte sie ein Ende der Doppelmoral und des geopolitischen Sonderstatus einzelner Staaten. »Es reicht mit der Komplizenschaft und dem Ausnahmedenken«, so Albanese. Das Recht müsse universell gelten. Es sei nicht hinnehmbar, die israelische Besatzung als Normalität zu behandeln – dies bedeute, eine »illegale Präsenz« zu unterstützen. Sie rief alle Staaten dazu auf, ihre Beziehungen zu Israel abzubrechen.
Besonders drastisch äußerte sie sich zur aktuellen Lage: »Die ethnische Säuberung in Palästina schreitet mit unglaublicher Geschwindigkeit voran.« Zum Vorgehen Washingtons gegen ihre Person erklärte sie: »Das ist eine sehr ernste Maßnahme ohne Präzedenzfall. Es ist ein klarer Verstoß gegen das Übereinkommen der Vereinten Nationen, das UN-Beamte schützt.« Diese Sanktionen seien nach ihrem Bericht zu Gaza verhängt worden – doch davon dürfe man sich nicht ablenken lassen, betonte Albanese. »Die Staaten müssen sich darauf konzentrieren, den Genozid in Gaza zu beenden.« Um das zu erreichen, sollen die Finanzierung und logistische Unterstützung Israels für den Krieg unterbunden werden. In diesem Zusammenhang werden unter anderem Maßnahmen wie ein umfassendes Waffenembargo in Erwägung gezogen, damit Militärgüter und Waffen weder beschafft noch über Drittländer transportiert werden können.
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