Antiimperialist durch und durch
Von Mathias Dehne
Als Ammar Bakdash 1954 als Sohn von Wissal und Khalid Bakdash in Damaskus geboren wurde, war sein Werdegang vorgezeichnet. Vater Khalid, wie Mutter Wissal eigentlich kurdischer Herkunft, war eine herausragende Persönlichkeit des arabischen Kommunismus. Er studierte in den 1930ern in Moskau, fertigte die erste arabische Übersetzung des »Manifests der Kommunistischen Partei« an und war später entscheidend an der Ausgründung der Syrischen Kommunistischen Partei (SKP) beteiligt.
Ammar Bakdash trat 1969 in die SKP ein. Wie sein Vater studierte auch er in Moskau, schloss 1984 seine Promotion in Wirtschaftswissenschaften an der Lomonossow-Universität ab und kehrte nach Syrien zurück. Kurz zuvor hatte ein Palästinenser – Mahmud Abbas – die Doktorwürde erhalten, ebenfalls in Moskau. Nach seiner Rückkehr begann Bakdashs lange politische Laufbahn mit unterschiedlichen Funktionen. Gleich 1986 wurde er Zeuge der Spaltung der SKP in die Bakdash-Fraktion seines Vaters, die Glasnost und Perestroika ablehnte, und die SKP (Vereint) um Jusuf Faisal, die die Gorbatschowschen Reformen unterstützte. Die marxistisch-leninistische SKP (Bakdash) wird heute auf Grund ihres antirevisionistischen Kurses als stalinistisch charakterisiert. Sie war Teil der Nationalen Fortschrittsfront, einer Koalition linksgerichteter Parteien um die lange von Hafis und Baschar Al-Assad geführte syrische Baath-Partei. Nach unterschiedlichen Rollen – unter anderem war er für das Theorieorgan Die Avantgarde zuständig – und politischen Ämtern wurde Bakdash 2010 schließlich zum Generalsekretär der SKP (Bakdash) gewählt und dreimal in Folge bestätigt. Beim Aufkeimen des sogenannten arabischen Frühlings 2011 wandte sich die SKP (Bakdash) gegen die Aufstände. Das, was in Syrien passiere, entspreche »imperialistischen Plänen«, hieß es damals.
Genosse Bakdash war zu Lebzeiten den Prinzipien des wissenschaftlichen Sozialismus, des proletarischen Internationalismus und des Kampfes gegen den Imperialismus und Zionismus treu verbunden. Er folgte den Vorstellungen seines Vaters und bewahrte die Partei als Stimme der Arbeiterklasse gegen Revisionismus und Reformismus. Gleichzeitig wurden ihm und der Partei Passivität gegenüber Wirtschaftsliberalisierungen vorgeworfen, die zwar kritisiert wurden, aber keinen nennenswerten Widerstand hervorriefen. Seine Haltung zu Palästina machte er auf dem »Internationalen Treffen der kommunistischen und Arbeiterparteien« der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) 2015 deutlich: »Bei der palästinensischen Frage geht es nicht nur um einen nationalen Kampf, er ist Teil des antiimperialistischen Klassenkampfes in der Region. Das Recht auf Rückkehr und die Errichtung eines demokratischen Palästinas sind eine notwendige Bedingung für jede gerechte Lösung.« Und so würdigte ihn die KP Palästinas posthum als führenden arabischen Kommunisten, der »die Fahne des internationalen Kampfes mit seltener Entschlossenheit und Aufrichtigkeit« trug. Sein Vater hatte sich noch, die damalige sowjetische Perspektive widerspiegelnd, für den UN- Teilungsplan von Palästina ausgesprochen.
Ammar Bakdashs letzte Tage waren von den Veränderungen in Syrien gekennzeichnet. Die prowestliche Machtübernahme durch den Dschihadisten Ahmed Al-Scharaa und dessen Haiat Tahrir Al-Scham (HTS) im Dezember brachte Massaker an politischen Gegnern, ethnischen und religiösen Minderheiten mit sich. Ende Januar löste das neue reaktionäre Regime die SKP (Bakdash) auf und beschlagnahmte ihren Sitz und ihr Eigentum. Bakdash entging dem Terror gemeinsam mit seiner Familie nur knapp. Dank der engen Beziehungen zur KKE konnten sie ins griechische Exil fliehen. Am Sonnabend, dem 12. Juli, verstarb Ammar Bakdash im Alter von 70 Jahren in Athen. Seine Beisetzung wird kommenden Mittwoch auf dem Kaisariani-Friedhof stattfinden, auf dem im Zweiten Weltkrieg griechische Antifaschisten von der deutschen Besatzungsmacht hingerichtet worden waren. Wie die KKE betonte, gilt es, seinen Beitrag zur Weiterentwicklung des gemeinsamen Kampfes der Völker in den arabischen Ländern zu würdigen.
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