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Aus: Ausgabe vom 27.12.2025, Seite 4 / Inland
Noch in dieser Legislaturperiode

Rückkehr zur Wehrpflicht

CDU-Politiker prophezeit Kriegsdienstzwang. EVP-Chef für deutsche Ukraine-Truppen
Von Max Grigutsch
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Im Gleichschritt gen Kriegsbereitschaft (Hannover, 25.9.2025)

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp (CDU), hat ausgesprochen, was die »schwarz-rote« Koalition seit Monaten vorbereitet. »Ich persönlich rechne damit, dass wir noch in dieser Legislaturperiode zur Wehrpflicht zurückkehren müssen«, sagte er der Welt (Donnerstag). Damit lässt er tief in die Vorstellungen derjenigen in der Regierung blicken, die ohnehin schon Zweifel daran hegen, ob der avisierte Aufwuchs der Bundeswehr auf Basis von Freiwilligkeit erfolgen kann.

Das neue Wehrdienstgesetz war vergangene Woche vom Bundesrat gebilligt worden und kann somit ab Januar 2026 in Kraft treten. Ab 2027 müssen alle 18jährigen Männer zur Musterung erscheinen, das betrifft die ab 2008 geborenen.

Im selben Jahr werde das Parlament prüfen, ob die vorgesehenen Personalziele per Freiwilligkeit zu erreichen sind, betonte Röwekamp. Laut NATO-Vorgaben muss die BRD bis 2035 im Krisen- und Kriegsfall rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung stellen können. Kann sie das nicht, kann eine sogenannte Bedarfswehrpflicht beschlossen werden. Schon jetzt gibt es einen Überbietungswettbewerb, wer am lautesten an der Erreichbarkeit dieser Marke zweifelt. So auch aus dem Munde Röwekamps: »Ich habe allerdings weiterhin Zweifel, dass allein eine attraktivere freiwillige Dienstzeit reicht.« Schließlich müsse neben dem nötigen Aufwuchs einkalkuliert werden, dass jedes Jahr 20.000 bis 30.000 Soldaten aus der aktiven Truppe ausscheiden.

Wer dann also ran darf, könnte die Lostrommel entscheiden. Ein solches Verfahren hält Röwekamp für »am transparentesten und gerechtesten«. Zudem seien angestammte »körperliche Kriterien« für den Kriegsdienst nicht mehr zeitgemäß. »Warum soll zum Beispiel jemand mit Übergewicht kein guter Drohnenpilot sein?«, fragte sich der CDU-Politiker. Alle Mann an Deck, so offenbar seine Devise. »Weil wir uns gegen einen möglichen Angriff Russlands verteidigen wollen«, beschwor er.

Die Kapazitäten könnten »auch für eine Friedensabsicherung in der Ukraine« eingebracht werden, meinte Röwekamp. Die Bundeswehr könne zum Beispiel »Air Policing, Ausbildung oder logistische Unterstützung« beitragen. Es gehe dabei »nicht um eine dauerhafte Stationierung von mehreren tausend Soldaten wie in Litauen«, sondern um »die Absicherung eines Friedensprozesses und die Vorbereitung auf mögliche neue russische Eskalationen«.

Als oberster Verfechter des Vorhabens, deutsche Soldaten auf ukrainischen Boden zu schicken, stilisiert sich indessen Manfred Weber (CSU), Chef der Europäischen Volkspartei. Sein Begehren zu Weihnachten: »Ich wünsche mir Soldaten mit der europäischen Flagge auf der Uniform, die gemeinsam mit unseren ukrainischen Freunden den Frieden sichern.« Das teilte er den Feiertagsausgaben der Funke-Medien mit, ebenso wie seine Einschätzung, dass Deutschland dabei »nicht außen vor bleiben« könne. Mit Blick auf die unsichere Unterstützung der USA unter Präsident Donald Trump übermittelte er dem Weihnachtsmann ein weiteres Gesuch: »Ich wünsche mir viel größere Schritte hin zu einer europäischen Armee.« Frohes Fest.

Auch über ausländische Truppen in Gaza wird derzeit diskutiert. Dort stehen gemäß der zweiten Phase des 20-Punkte-Plans von Trump die Entwaffnung der palästinensischen Organisation Hamas sowie der Einsatz einer sogenannten internationalen Stabilisierungstruppe an – diese allerdings vorerst ohne deutsche Beteiligung, wie Johann Wadephul (CDU) am Freitag betonte. Dem Außenminister fiel gegenüber dpa auf, dass eine solche Truppe nicht nur vermitteln, sondern »im Zweifel auch ganz konkret Sicherheit herstellen« müsste. »Dass deutsche Soldatinnen und Soldaten dies in genau dieser Region tun, können sich viele nicht vorstellen«, sagte er. Dem israelischen Militär weiter Waffen für seine Verbrechen an den Palästinensern zu liefern, ist für die Bundesregierung aber bekanntlich kein Problem.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel Toledo aus Berlin (27. Dezember 2025 um 10:21 Uhr)
    Bemerkenswert bei all dieser Diskussion über Wehrpflicht in der BRD ist ja schon, dass es immer nur um die 17- bis 18jährigen geht. Genau die, die diese Regierung nicht gewählt haben. Warum eigentlich sollen die 24-, 25-, 26jährigen nicht an der Waffe ausgebildet werden? Weil man da mit größerem Widerstand, nicht nur der Beteiligten selbst, sondern auch der »Arbeitgeber« rechnet?

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