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Aus: Ausgabe vom 22.12.2025, Seite 2 / Ausland
Regierungswechsel in Honduras

Welche Hinweise auf Wahlbetrug gibt es?

Honduras: Amtliches Endergebnis liegt auch nach Wochen nicht vor. Die USA üben immensen Druck aus, sagt Carlos Padilla Roiz
Interview: Thorben Austen, Quetzaltenango
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Gezählt wird, bis das Ergebnis in Washington gefällt: Wähler bei der Stimmabgabe in Tegucigalpa (30.11.2025)

Fast drei Wochen nach den Wahlen in Honduras gibt es kein amtliches Endergebnis, auch wenn Nasry Asfura von der Nationalen Partei vorne liegt. Libre und die Liberale Partei sprechen von Betrug. Wie ist die Situation vor Ort?

Es gab in den vergangenen Tagen immer wieder Proteste, vor allem der Anhänger der Partei Libre (Libertad y Refundación, jW). Aktuell ist die Lage recht ruhig. Ich würde aber sagen: eine angespannte Ruhe.

Haben Sie konkrete Hinweise auf Betrug?

Wir haben viele Zweifel am offiziellen Ergebnis: Unstimmigkeiten bei der Bestätigung der abgegebenen Stimmen – teilweise eine Inflation der Stimmen –, Unregelmäßigkeiten im System des TREP zur Übermittlung der vorläufigen Wahlergebnisse, mehrere lange Ausfälle in der Auszählung der Stimmen. Das geschah auch 2013 sowie 2017 und hatte damals den Betrug bei den Wahlen möglich gemacht. Dann ist da die äußere Einmischung: die Parteinahme von US-Präsident Trump für Nasry Asfura vom Partido Nacional sowie die Begnadigung des wegen Drogenhandels in den USA verurteilten Expräsidenten Juan Orlando Hernández. Viele Honduraner haben vor den Wahlen Whats-App-Nachrichten erhalten, in denen stand, dass nur bei einem Wahlsieg von Asfura die sogenannten Remesas, also die Überweisungen von Migranten nach Hause, weiterlaufen.

Die bisherige Regierungspartei Libre hat die Wahlen klar verloren. Welche Gründe sehen Sie?

Es gab eine riesige Kampagne in den Medien, die die Fehler von Libre groß ausbreitete, aber die Erfolge verschwieg. Dann gab es aber auch interne Probleme: Bei den internen Vorwahlen im Juni haben sich im Kern die Vorschläge von Manuel Zelaya (Generalkoordinator von Libre und Ehemann der Expräsidentin Xiomara Castro, jW) durchgesetzt. Das hat viele Leute an der Basis verärgert. Viele haben auch nicht in einer Linie für Libre gestimmt: zum Beispiel für die Präsidentschaftskandidatin mit Ja, aber nicht für Abgeordnete und Bürgermeister – oder umgekehrt.

Sie sind Mitglied der Kommunistischen Partei Honduras, kurz PCH. Die Partei ist erst seit rund zwei Jahren wieder aktiv. Kann man von einer Neugründung sprechen?

Die Partei wurde 1922 gegründet, unter dem Einfluss der Russischen Revolution, aus der später die Sowjetunion hervorging. In den 1930er und 1940er Jahren war sie durch die Repression der damaligen Diktatur de facto verschwunden. Eine erste Reorganisierung erfolgte im April 1954. Kurz danach begann der große Streik der Arbeiter auf den Bananenplantagen, der sehr wichtig für die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in Honduras war. Nach 1990, dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers, stellte die Partei ihre Arbeit ein. Viele Genossen gingen in die Unificación Democrática, eine legale, linke Partei der 1990er Jahre. Seit rund zwei Jahren versuchen wir die Partei wieder aufzubauen und zu stärken, mit einer neuen Leitung. Im Kern sind Genossen beteiligt, die in der Frente Nacional de Resistencia Popular gegen den Putsch 2009 aktiv waren. Viele Genossen, ich auch, sind auch in Libre aktiv. Wir machen seit dem vergangenen Jahr ein Radioprogramm namens »1954« und planen die Herausgabe einer namensgleichen Zeitung. 1954, das bezieht sich auf den erwähnten Streik der Bananenarbeiter, ein wirklich zentrales Ereignis für die Arbeiterbewegung in Honduras.

Welche Aktivitäten wollen Sie als Kommunistische Partei entwickeln?

In den nächsten Jahren soll die Partei wachsen und eigene Medien entwickeln. Wir versuchen Kontakte zu den Gewerkschaften wieder aufzubauen und diese insgesamt zu reorganisieren. Vor allem im privaten Sektor. Zum Beispiel in den Maquilas, den Bekleidungsfabriken für den Weltmarkt, gibt es kaum Gewerkschaften. Genossen sind auch in der Studentenbewegung, der Frauenbewegung und Bewegungen der Indigenen und Landarbeiter aktiv. Zu erwarten ist jetzt unter der neuen Regierung, seien es nun Liberale oder Nationale, eine Beschneidung der Arbeiterrechte, Privatisierungen und eine rein neoliberale Agenda – inklusive erneuter Öffnung der Privatstädte Zedes und der Abkehr von der Politik der lateinamerikanischen Integration und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Volksrepublik China, wie sie unter Libre praktiziert wurde.

Carlos Padilla Roiz ist Soziologe und aktiv in der Kommunistischen Partei Honduras

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